Nach dem furiosen Opening der Billirubin Gallery im Sommer 2007 wird jetzt der zweite Teil der POLAROID SX70 Photoarbeiten des Künstlers Philip Glaser gezeigt. Die Arbeiten befassen sich ausschließlich mit TAGS als Derivat und Ursprung der neuzeitlichen Graffitis. Die Ausstellung wird zu sehen sein vom 2.August bis zum 4.Oktober 2008. POLAROID SX70 Walker Evans beschäftigte sich kurz vor seinem Tod in den frühen siebziger Jahren intensiv mit Polaroid SX70; es wurden die letzten Arbeiten des Jahrhundert-Photographen. Ähnlich zu Evans Polaroid-Projekt von 1973 befaßt sich Philip Glaser mit der bildhaften Separierung semantischer Zeichen im gesellschaftlichen Raum, den sogenannten TAGS, die als Polaroid-Unikate präsentiert werden. So wie jedes TAG als Einzigartiges Insignium und Kunstwerk im topographischen Raum verstanden werden muß, ist es auch bei den Polaroids von Philip Glaser der Fall. Jedes Bild ist ein fragiles Unikat und Ausdruck einer bestimmten Haltung im photographischen Kontext. Pastelltöne, weiche Kontraste, nuanciertes Korn und inszenierte Unschärfe stehen der digitalen Bilderflut heutiger Tage entgegen. Kein anderes Fotografisches Medium bietet eine derart haptische und fragile Sinneswahrnehmung wie Polaroid SX70. PHILIP GLASER POLAROID SX70 WORKS#2 BERLIN TAGS Philip Glaser über seine Arbeit an BERLIN TAGS: "TAGS sind der Ursprung des modernen Graffiti und haben mich schon immer fasziniert, zumal ich die späte Endphase der TAGS und Hochphase der klassischen Graffitis der frühen achtziger Jahre in New York miterlebt habe. Ich erinnere mich noch deutlich an das klassische Bild mit TAGS übersäter Subwaywagons, die wie fahrender Schriftzeichen und Gangbotschaften durch die New Yorker Großstadt - die Ur-Zelle des modernen Metropolis - ratterten. Graffiti gewann bald als Kunstform Annerkennung und wurde schließlich domestiziert. Heute wird als Folge dessen mit beinahe akademischer Sorgfalt in jeder Grosstadt Graffiti-Kunst subventioniert und gepflegt. Doch nur wenige Ausnahmekünstler wie Banksy setzen neue innovative Maßstäbe. Anders hingegen Tags: sie sind in ihrer rudimentären Urform bis heute unverändert geblieben. So findet man immer noch klassische Namensinsignien wie TAKI183 oder VO73, wie sie schon in den frühen Siebziger Jahren als Demarkationslinien gesprüht wurden. Es geht eine ungeheuer archaische Kraft von diesen simplen und reduzierten Lebenszeichen menschlicher Existenz aus." Philip Glaser hat über einen Zeitraum von zwei Jahren an BERLIN TAGS gearbeitet und in Berlin einen kulturellen und sozialen Nährboden gefunden, der dem New Yorks in den frühen Achtziger Jahren gleicht. Begann er, seine Arbeit noch mit dem Ansatz auch klassische Graffitis zu integrieren, so wurden die Motive bald immer schlichter und elementarer, bis schließlich Graffitis nur noch als Abkömmling und Antipode zu den TAGS abgebildet wurden. Dennoch ging es dem Künstler nicht darum eine soziologische Gesellschaftsstudie zu dokumentieren, sondern die schlichte Ästhetik dieser Ausdrucks- und Darstellungsform zu inszenieren. Dabei spielt die zeitlich nahe Geburtsstunde von TAGS und Polaroid SX70 eine nebengeordnete, symbolische Rolle, da es sich hier um die entgegengesetzten Standorte des Gesellschaftsspektrums der frühen siebziger Jahre handelt. Während Tags das Ergebnis subkulturellen Aufbegehrens darstellen, verkörpert Polaroid die Inkarnation eines High-End Konsumfetischismus. Ein spannungsvoller Gegensatz, der in dieser Ausstellung eine äußerst gelungene und zugleich versöhnliche Verbindung offenbart. PHILIP GLASER POLAROID SX70 WORKS#2 BERLIN TAGS ist zu sehen vom 2.August-4.Oktober in der BILLIRUBIN GALLERY, Berlin.