Talents 2008
Pepa Hristova » Sebastian Stumpf » Ivonne Thein » Janina Wick »
Exhibition: 25 Apr – 6 Jun 2009
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Die Deutsche Börse präsentiert vom 25. April bis 6. Juni 2009 in der Neuen Börse in einer Sonderausstellung die Gewinner des von C/O Berlin international ausgeschriebenen Nachwuchswettbewerbs "Talents" aus dem Jahr 2008. Als Gründungspartner hat die Gruppe Deutsche Börse das Programm von Anfang an begleitet. Sie ist auch in der Jury vertreten, welche die Auswahl aus den Bewerbungen trifft. Seit 2007 wird der internationale Fotowettbewerb öffentlich ausgeschrieben. Mehr als 180 junge Fotografinnen und Fotografen haben sich 2008 beworben. Wie im Jahr zuvor erhalten vier von ihnen die Gelegenheit, ihre Werke zu einem übergeordneten Thema auszustellen und in einem Ausstellungskatalog zu publizieren. 2008 lautete das Motto: "Porträt. Der fotografierte Mensch". Die umfangreichen Arbeitsserien der Ausstellung zeigen die Sicht der Künstler auf den Menschen als physisches Individuum und als soziales Wesen. Die Auswahl der Werke wird nach den Stationen bei C/O Berlin und dem Goethe-Institut in New York auch dieses Jahr wieder in der Neuen Börse in Frankfurt-Hausen gezeigt. Die Ausstellungen und die sie begleitenden Kataloge bieten den "Talenten" ein öffentliches Forum und laden das Publikum zur Diskussion der Arbeiten ein. Die Talente 2008 sind: Pepa Hristova (*1977), Sebastian Stumpf (*1980), Ivonne Thein (*1979), Janina Wick (*1976) Pepa Hristova porträtiert in den poetischen Fotografien der Serie "Fremde im eigenen Land" die muslimische Bevölkerungsgruppe ihrer Heimat Bulgarien, die dort zurückgezogen in ihren traditionellen Lebensrhythmen und abgeschottet von der Außenwelt lebt. Hristovas inszenierte Portraits zeigen Momentaufnahmen von religiösen Feierlichkeiten wie Hochzeiten oder Beschneidungsfesten und brechen so die Sprachlosigkeit einer nationalen Minderheit, die in einem EU-Land am Rand der Gesellschaft lebt. Mit ihrer Reportage dokumentiert die Künstlerin die Gefühle, Sehnsüchte und Ängste der Muslime in Bulgarien und spiegelt deren Identität und Entwurzelung, Würde und Werte wider. Auf der Suche nach einem europäischen Werteverständnis erforscht die Serie die Frage der Integration und sucht in der Beobachtung der alltäglichen Lebensrealität der betroffenen Menschen nach Antworten. Wieso klettert jemand im urbanen Raum auf Bäume? Weshalb ahmt er mitten auf der Straße kopfüber Gehbewegungen nach oder rollt sich in letzter Sekunde unter automatisch schließenden Garagentoren hindurch? Mit diesen inszenierten und alltagsentrückten Situationen konterkariert die Serie "Leaving Again" von Sebastian Stumpf gewöhnliche Handlungen, konditioniertes Raumerleben und feste Sehkonventionen. Ausgangspunkt dieser Selbstinszenierungen sind Strukturen urbaner "Natur". Innerhalb dieser Gegebenheiten schaffen seine Projektionen eine spontane Neugestaltung von Raumsituationen. Stets schwingt dabei die Körperkomik und Poesie des frühen Stummfilms mit. So erzeugen die Arbeiten ein Spannungsfeld aus dem Zusammenspiel von Körper und Raum, Stillstand und Bewegung, Authentizität und Inszenierung. Die Arbeiten von Sebastian Stumpf werden auch im Rahmen des Deutsche Börse Residency Program vom 25. April bis 31. Mai 2009 im Frankfurter Kunstverein gezeigt. Die fragile Leichtigkeit der porträtierten Fotomodelle der Serie "Zweiunddreißig Kilo" von Ivonne Thein wirkt verstörend und beunruhigend. Rücklings mit dem Blick nach oben, auf allen Vieren auf den Boden gestützt oder im Ausfallschritt um die eigene Achse gedreht, erscheinen die Präsentationsweisen von Körper und Mode eher wie schmerzhafte Verrenkungen. Arme und Beine scheinen übernatürlich lang und dünn und in einigen Posen erschreckend zerbrechlich. Die eigentümliche Kleidung der Frauen aus medizinischen Bandagen und Korsetts umspannt Brust und Hals auf eine Weise, die ein freies Atmen erschwert. Wofür wird mit diesen Fotografien eigentlich geworben? Die Künstlerin thematisiert in diesen Arbeiten das krankhafte Streben junger Mädchen und Frauen nach extremer Schlankheit. Hintergrund ist die weit verbreitete Internetbewegung Pro Ana, die Magersucht (Anorexia nervosa) zu einer neuen, positiven Lebenseinstellung für junge Mädchen erhebt. Gleichzeitig hinterfragt Ivonne Thein, welche Rolle die Fotografie in diesem Zusammenhang spielt. Janina Wick porträtiert in ihrer Serie "Dreizehn" einfühlsam junge Mädchen in der Adoleszenz zwischen kindlicher Unbefangenheit und weiblicher Selbstbehauptung. Die Fotografien offenbaren eine faszinierende Paradoxie: In den Gesichtern und Körpern der Jugendlichen ist etwas lesbar, was sie selbst noch nicht wissen, aber schon verkörpern. Die reduzierte Bildsprache und die schlichte, klare Komposition der Hintergründe zwingen den Betrachter, sich ganz auf die dargestellten Personen zu konzentrieren. Die provozierende, entrückte oder gelangweilte Körpersprache erinnert ihn an die Zeit der eigenen Jugend, in der Euphorie und Verunsicherung nah beieinander lagen. Die Werke sind eine Gratwanderung zwischen dokumentarischer und inszenierter Fotografie: Sie oszillieren zwischen authentischen Momenten und inszenierten Situationen, in der die Mädchen sich selbst "in Szene setzen". Die "Talents"-Ausstellung in der Neuen Börse kann während der "Nacht der Museen" am 25. April 2009 sowie im Rahmen von öffentlichen Führungen besichtigt werden. Die Führungstermine finden Sie auf der Homepage der Deutschen Börse unter www.deutsche-boerse.com/art. Wenn Sie an einer Führung teilnehmen möchten, melden Sie sich bitte per E-Mail an art@deutsche-boerse.com an.