Seit knapp 20 Jahren fotografiert der Künstler und Publizist Jan Wenzel in Fotoautomaten. Der Mechanismus des Automaten schafft ein fotografisches Ereignis, das genau 28 Sekunden dauert. Auf diesen Rhythmus lässt sich Wenzel ein – nicht wie ein Fotograf, der eine Situation durch das Objektiv beobachtet und dann den richtigen Moment abpasst, sondern indem er in der Fotokabine agiert und die Kamera ihn dabei beobachtet. So entstanden im Fotoautomaten Bilder von fiktiven Räumen, die nur durch den blitzschnellen Umbau der Kulissen von Paßbild zu Paßbild möglich waren.
In der neusten Serie, die den Titel »Instant History« trägt, macht Jan Wenzel den Fotoautomaten, der inzwischen selbst Geschichte ist, zum Thema. Der Ausstellungstitel »Instant History« besagt, Geschichte gerinnt dokumentarisch im Rückzug auf den Momentum als Stillstand von Zeit. Übrig bleibt der melancholisch zerstückelte Raum, der sich seiner selbst entledigt. Diese Arbeit nennt Wenzel »Trauerarbeit«. Wenzel hat dafür einen alten Fotofix-Automaten in Teile zerlegt und diese Teile dann einzeln in einem anderen Fotoautomaten aufgenommen. Die Maschine porträtiert sich selbst. In den seriellen Stillleben, die so entstanden sind, wird ein fotografischer Prozess sichtbar, der noch ganz und gar auf Chemie und Mechanik beruht – eine Mediengeschichte als Momentaufnahme.
Jan Wenzel lebt und arbeitet in Leipzig. Er ist Mitgründer des Verlags Spector Books. Sein fotografisches Werk war in der Vergangenheit unter anderem in Ausstellungen in der Kunsthalle Emden, dem Museum Ludwig Köln und dem Museet for Fotokunst, Odense zu sehen. In der photonet galerie in Wiesbaden wird inzwischen die dritte One-Man-Show mit Werken von Jan Wenzel gezeigt.