Die Galerie FO.KU.S im Stadtforum der Bank für Tirol und Vorarlberg in Innsbruck richtet dem Schweizer Künstler Jules Spinatsch (*1964 in Davos) die erste monographische Ausstellung in Österreich aus. Fotografien, raumgreifende Video- und Bildinstallationen geben einen Einblick in das weite Feld seiner künstlerischen Interessen und in die Entwicklung seines Oeuvres. Er gehört mittlerweile zu den gefragtesten Fotografen seiner Generation: Seine Arbeiten waren schon im Museum of Modern Art in New York oder dem Haus der Kunst in München sehen. Er ist in bedeutenden Sammlungen präsent. Erst kürzlich widmete ihm das Kunsthaus Zug seine erste museale Einzelausstellung.
Der dokumentarische Blick. In den letzten Jahren machte Jules Spinatsch vor allem durch Langzeitprojekte und preisgekrönte Buchpublikationen international auf sich aufmerksam. , eine Fallstudie zur Tourismusindustrie, thematisiert die Transformation der Alpen zur Ereignislandschaft. Die Bilder und das Videomaterial aus diesem Zyklus zeigen, wie im Scheinwerferlicht eines Pistenfahrzeugs Schnee produziert und bearbeitet, ja wie gesamte Landschaften mit immensem Aufwand präpariert werden, um damit die möglichst perfekte Illusion einer künstlich geschaffenen - Natürlichkeit zu erzeugen. Die hell illuminierte nächtliche Landschaft wird zur Bühne für unsere Eventkultur; der Berghang dient als Projektionsfläche. Der Fotograf zeichnet sich dabei durch einen ebenso kühl analytischen wie eindringlich dokumentarischen Stil aus.
Der Berg als Bühne. Von Sehnsuchtsorten und ihrer Vermarktung erzählt die Ausstellung. Mit Licht verwandeln Marketingstrategen und Maschinen die alpine Nacht in ein Spektakel, mit diesem Licht zeichnet der Fotograf seine Bilder und Videos auf. So zum Bespiel das Schauspiel «Hannibal» im österreichischen Sölden, wo die Alpenüberquerung des karthagischen Feldherrn, seiner Soldaten und Elefanten und die Schlacht gegen die Römer nachgespielt wird. Auf der immensen Bühne, die der Rettenbach-Gletscher liefert, kommen 500 Darsteller -Fallschirmspringer, Drachenflieger, Tänzerinnen oder Motocross-Fahrer - und 30 Ratracs, mehrere Helikopter, Flugzeuge, Feuerwerke und Bilderprojektionen zum Großeinsatz. Für eine Erlebnisnacht in Serfaus (Tirol) wird das Negativbild der im Eis gefangenen, dem Untergang geweihten ‹Endurance› auf den Berghang projiziert, dem Expeditionsschiff der 1916 gescheiterten Antarktisexpedition des Briten Ernest Shackleton.
Die Ausstellung im FO.KU.S fügt sich in drei Teile gegliedert zu einem "Triptychon der Schneekompetenz": Entsprechend der christlicher Terminologie "Arbeiten, Feiern, Leiden" stehen in heutigen Business Begriffen: "Making of, Event, Side-Effects".
Videos und Fotoarbeiten zeigen die Veränderung der Landschaft durch Bearbeitung und durch Aufbauen von temporären Einrichtungen für Wintersport-Ereignisse. Im Zentrum der Ausstellung stehen große Szenen alpiner Spektakel. Daneben lenkt Spinatsch den Blick auf die Side-Effects: Auf einer Chirurgentagung in Davos fotografierte Spinatsch weihnachtlich inszenierte künstliche Gelenke und irritiert damit unsere Wahrnehmung.
Was Tourismus und Wintersport sind, kennt Jules Spinatsch von Kindheit an. Die ersten sieben Jahre seines Lebens verbrachte er auf dem Jakobshorn hoch über Davos, im Bergrestaurant seiner Eltern. Die lokalen Auswirkungen der globalen Wirtschaftsbeziehungen und die Kommerzialisierung des Schnees stehen heute nicht zufällig im Zentrum von Jules Spinatschs Arbeit. So auch in "Temporary Discomfort" mit seiner Arbeit über das Umfeld des Weltwirtschaftsgipfel in Davos. Die Monografie dazu wurde 2005 in Arles als weltweit bestes Fotobuch ausgezeichnet.