Iris Hutegger »
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Raumarbeit mit Erde und Fotografien
Exhibition: 18 Mar – 16 Oct 2010
spitzbart_FORUMTREPPE®
Heidestr. 1 . Oberasbach
90522 Nürnberg
0911-9699256
info@spitzbart.de
www.spitzbart.de/forumtreppe
Mon-Fri 9-12 + 14-18, Sat 10-13
Iris Hutegger realisierte schon 2008 zur Eröffnung des FORUM TREPPE die Raumzeichnung Sonderanfertigung, deren eindrucksvolle, poetische Aufladung jetzt Anlass ist, eine Einzelausstellung mit neuen Fotoarbeiten und Rauminterventionen zu zeigen. Iris Hutegger ist 1964 in der Steiermark geboren. 1990 ist sie in die Schweiz gezogen, sie lebt und arbeitet in Basel. Nach ihrer Ausbildung an der Hochschule für Gestaltung und Kunst in Basel, tritt die Spätberufene seit 2004 mit verschiedenen künstlerischen Projekten an die Öffentlichkeit, so dreht sie 2007 für den Weblog der documenta das Video Potatoes are sold in sacks. 2009 erhält sie das Atelierstipendium des Landes Steiermark in Graz und stellt im Badischen Kunstforum in Ebringen, in der Galerie Kon-temporär in Graz und in der Fabrikkultur Hegenheim aus. Iris Hutegger ist als Grenzgängerin zwischen verschiedenen Kunstgattungen, deren Merkmale sie unterwandert und aushebelt, "raumzeichnende Bildhauerin". Die Ausstellung setzt sich aus verschiedenen Werken zusammen. Der erste Eindruck beim Betreten des Raumes ist bestimmt durch eine ausgedehnte, sich aufwölbende Erddecke auf dem Betonboden der Halle. Mit Steinen, Stöcken, Wurzeln und ein paar Büscheln ausgedörrter Thymianzweige entsteht so der Eindruck einer wüsten und kargen Landschaft, deren Künstlichkeit eine Ansiedlung von Pflanzen unmöglich macht. Der Betrachter umschreitet diese stille Landschaftsszenerie wie in einer Choreografie. Er kann sich auf bereit gestellten Stühlen niederlassen und vielfältige Eindrücke wie den Geruch der Erde, eine fast monochrome Farbstimmung, Fensterspiegelungen und Wettereinflüsse wahrnehmen. So nähert er sich auch den anderen Arbeiten an. Inmitten der Erdfläche - für den Betrachter unerreichbar und daher rätselhaften Inhalts - steht eine Kleiderstange, an der mehrere großformatige Fotografien wie die Kleider einer Kollektion hängen. In einer anderen Ecke befindet sich die aus Fäden dreidimensional in den Raum gezeichnete Treppe, die zu einer ebenfalls gezeichneten Türe hinauf führt, die leicht geöffnet, aber uneinsehbar ist. Sie kommuniziert mit einer zweiten Treppe, über die der Betrachter die Halle betritt, zwei weiteren Türen, einem Rolltor und einer großen Fensterfront. An den Wänden hängen großformatige, schwarz-weiße Fotografien von Landschaften, Bergen, Dickicht und Bodenstrukturen, die mit bunten Fäden benäht sind. Wie die Fenster des Raumes, die verschiedene Licht- oder Wetterstimmungen in den Raum hineintragen, weisen die Fotografien und die Erdarbeit ineinander hinein und doch auch über sich hinaus in andere Gegenden der Welt. Im Ineinandergreifen der Arbeiten wird man der Widersprüchlichkeit der gelieferten Bildinformationen gewahr. Nur die Erkenntnis von deren Doppelbödigkeit und Mehrdeutigkeit tragen zum Verständnis bei. In der Leere zwischen Wort, Bild und Bedeutung liegt der Kern von Iris Huteggers Botschaft. Die Gegenüberstellung der geheimnisvollen, gezeichneten Tür mit wirklichen Türen zieht deren Funktionalität in Zweifel: Ob und was findet sich hinter der mit WC beschrifteten Tür? Ist die Landschaftskollektion auf der Kleiderstange Vorbildlager der an den Wänden hängenden Landschaftsfotografien oder hängt dort ein Weltenplan? Sind nicht all die Landschaften in diesem Raum menschliche Welterfindungen? Haftet ihnen nicht die Melancholie der Unzulänglichkeit aller menschlichen Erfindungen an? Die Erd-Arbeit steht mit den fotografierten Landschaften und Bergen in vielfältiger Relation. Beide Werke spielen mit dem Begriff der Natur, doch sind sie nicht natürlich. Landschaft wird als Struktur vorgeführt, die der Mensch mit subjektiven Vorstellungen, mit im Lauf der Menschheitsgeschichte entwickelten Bildern von Landschaft oder aber ihrem Nutzen 'bekleidet'. Die eigentliche Landschaft, die Natur ist abwesend und dem Menschen unbekannt, wenngleich ihnen seine Sehnsucht nach Vollkommenheit, nach zwingender Logik und Geborgenheit, nach dem verlorenen Paradies gilt. Die schwarz-weißen Fotografien von in träger, dramatischer Größe und mit uneinsehbaren Abbrüchen und Ausdehnungen gegebenen Landschaften sind mit farbigen, haptisch erfahrbaren Fäden benäht. Ihre Verortung im Sinne eines wieder erkennbaren Ortes ist unmöglich. Steinformationen, Dickicht und Bewuchs sind nicht spezifizierbar oder so unwirklich-idealtypisch wie in einem naturhistorischen Diorama vorgeführt. Die zarten Fadengespinste wuchern wie fröhliches Gelichter an einem Frühlingstag über diese Landschaften. Dann wieder scheinen sie einem aussichtslosen Ringen und verzweifelten Wüten entsprungen, in diese großen, überzeitlichen Landschaften der Menschen Spuren einzuschreiben. So bewegt sich der Betrachter durch wage Bildräume, ungewisses Terrain, in den Leerstellen zwischen den Erscheinungen, dort wo er kaum jemals Spuren hinterlässt, als sehnsüchtig Suchender, ein Heimat Erheischender. Dort ist der Mensch zuhause. Text: © Dr. Annegret Winter