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Von einem Mädchen
© Ingar Krauss: Untitled (Hanna)

Ingar Krauss »

Von einem Mädchen

Exhibition: 30 Apr – 26 Jun 2010

Galerie für Moderne Fotografie

Schröderstr. 13
10115 Berlin

Galerie für Moderne Fotografie

Schröderstr. 13
10115 Berlin

+49 (0)30-23456770


www.galeriefuermodernefotografie.com

Thu-Sat 12-18 +

"Der Schacht musste sehr tief sein oder ihr Fall sehr langsam, denn sie hatte genügend Zeit, um sich zu blicken und sich darüber zu beunruhigen, was mit ihr geschehen würde." Lewis Carroll, Alice im Wunderland GALERIE FÜR MODERNE FOTOGRAFIE präsentiert Ingar Krauss - Von einem Mädchen In der neunten Ausstellung zum Gallery Weekend begrüßen wir eine große Entdeckung für die Galerie für Moderne Fotografie, Ingar Krauss. Krauss, der in zahlreichen national und international anerkannten Ausstellungen vertreten war und ist, zeigt in seiner Ausstellung 'Von einem Mädchen' Portraits des Mädchens Hannah, die über die Jahre des Heranwachsens auf dem Land, nahe der Grenze zu Polen, entstanden sind. In einem seiner bekanntesten Bilder, dem in Paris entstandenen Portrait der jugendlichen Natalia Vodianova, zeigt Paolo Roversi im Grunde nicht das Gesicht eines Mädchens, sondern dessen Blick. Zumindest ist es dieser Blick - und nicht etwa einzelne anatomische Details ihrer Augen, die Weite ihrer Pupillen oder die Geschwungenheit ihrer Lider - der im Gedächtnis bleibt; der einem vor Augen erscheint, so man an diese Fotografie Paolo Roversis erinnert wird. Über Ingar Krauss, geboren 1965, wissen wir vergleichsweise wenig. Und dennoch drängt sich während einer Betrachtung erster Motive aus seiner Serie 'Von einem Mädchen' der Vergleich mit Roversi auf: Die insgesamt siebzehn Aufnahmen zeigen, wie es der Titel verspricht, ein und dasselbe Mädchen. Die Bilder wurden anscheinend über einen längeren Zeitraum hinweg gemacht - und dennoch ist es nicht die Entwicklung einer Heranwachsenden, eine banale Dokumentation körperlicher Veränderungen. Ingar Krauss dringt gewissermaßen zum Zentrum vor und es ist die Seele der Adoleszenten, die er zum Vorschein bringt. In törichten Momenten seufzen wir auf und geben vor, wir wünschten 'noch einmal Teenager' zu sein. Freilich ist das nicht wahr, vielleicht gedacht, doch nie so empfunden, denn es genügt ein Studium der Portraits dieses Mädchens, und sofort stehen einem Qual und Zerrissenheit, das Nicht ein noch aus-Wollen, ja: überhaupt Wollen und Wünschen mit viel zu viel Sinn und kaum noch Verstand gewissermaßen plastisch, zumindest spürbar vor - ja wovor erscheinen diese zurückgerufenen Empfindungen dann? Daß Fotografie im besten Fall (und Varianten interessieren nicht) eine seelische Qualität bekommt; daß es 'berührt', daß ein Bild also etwas zu enthalten scheint, was über die bloße Darstellung eines Stückes Welt hinausreicht, das hat Roland Barthes in seinem letzten Werk mit dem Begriff des Punctum eingeführt. In 'La chambre claire', seiner, wenn man so will, Zeichentheorie der Fotografie, erklärt er das Punctum am Beispiel einer Fotografie seiner toten Mutter, indem er dem Leser zu bedenken gibt, daß dieses Bild für den Betrachter, der seine Mutter nicht kannte, allenfalls Studienmaterial abgeben könnte. Er aber, der hinterbliebene Sohn fühlt sich durch die Betrachtung der Abbildung des geliebten Menschen schmerzhaft berührt, verletzt. Es ist aber nicht so, daß eine jede Fotografie ihre besondere, weil unsichtbare Qualität nur entrichten darf, wenn sie von einem auf ihr Sujet bezogenen Betrachter studiert wird. Angesichts der Bilder von Ingar Krauss stellt sich der Schmerz der frühen Tage ein, als sei es nie vergangene Zeit, die in seinen Motiven auf Entladung harrt. Am höchst subjektiven Modell, einem Mädchen aus seiner Familie, läßt der Fotograf das Punctum unseres ersten Schmerzes erscheinen: Als wir unaufdringlich aber unerbittlich darauf gestossen wurden, daß es vorbei sein würde mit der Sorglosigkeit und daß es von nun an voran ginge. Nur noch weiter voran.