Jan Banning »
Bureaucratics
Exhibition: 10 Sep – 24 Oct 2010
Städtische Galerie Iserlohn
Theodor-Heuss-Ring 24
58636 Iserlohn
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Theodor-Heuss-Ring 24
58636 Iserlohn
+49 (0)2371-2171940
galerie@iserlohn.de
www.galerie-iserlohn.de
Wed-Fri 15-19, Sat 11-15, Sun 11-17
Für sein Projekt Bureaucratics warf Jan Banning einen Blick hinter die Kulissen staatlicher Stellen in verschiedenen Ländern und Kulturregionen dieser Welt. Er porträtierte Staatsdiener und Staatsdienerinnen in ihren Amtszimmern, vom einfachen Archivar bis zum höheren Beamten. Dabei ist eine fotografische Studie über die Kultur und die Symbole öffentlicher Verwaltung entstanden. Begonnen hat Jan Banning das Projekt im Jahr 2003 mit einer Porträtserie über indische Staatsbeamte; es folgten Reisen nach Russland, Bolivien, Frankreich. Liberia, China, in den Jemen und in die USA. Jan Banning, geboren 1954, in den Niederlande, studierte Sozial- und Wirtschaftsgeschichte bevor er 1981 als freier Fotograf tätig wurde. Sein Schwerpunkt liegt im Bereich der sozialdokumentarischen Fotografie. Für seine Arbeit, die regelmäßig in internationalen Zeitungen und Magazinen erscheint, erhielt er zahlreiche Auszeichnungen, darunter einen World Press Photo Award 2004, den Lead Award 2007, sowie insgesamt zehn Auszeichnungen und Nominierungen bei der Vergabe der Zilveren Camera für das beste niederländische Pressefoto des Jahres. BUREAUCRATICS Der deutsche Soziologe Max Weber hat in seinem monumentalen Werk Wirtschaft und Gesellschaft (1922) dargelegt, wie ein Staat seine Ämter und Organe zu gestalten habe, um den Idealen der Aufklärung – Gerechtigkeit und Gleichberechtigung – näher zu kommen. Dies hat im Westen zu einem soliden Staatsmodell geführt, mit Behörden, die meist von sich denken, dass sie dienend und unbestechlich seien. Unpersönlich und formal könnten jedoch auch Schlüsselbegriffe für die loyalen, konformistischen Diener des Volkes sein. Staatliche Institutionen, die – laut Verfassung – die Bürger ohne Ansehen der Person behandeln sollen, konfrontieren diese zwangsläufig mit objektiven Kriterien, Protokollen und Prozeduren. Diese bürokratischen Instrumente sorgen in vielen Ländern tagtäglich für Unmengen an Adrenalin bei der „Kundschaft“. Verbale Übergriffe oder sogar tätliche Gewalt gegenüber Beamten sind manchmal Ausdruck der Ohnmacht von Bürgern, die nur „eine Genehmigung“ abholen möchten. Sie sind genötigt, ganze Berge an Fragebögen und Formularen auszufüllen, sich Inspektionen und Kontrollen gefallen zu lassen und müssen dafür zu guter Letzt auch noch Gebühren bezahlen. Für viele Bürger sind die Behörden deshalb schlicht eine Zumutung. Staatliche Behörden, einschließlich der Polizei, sind für jemanden im Westen nicht so Furcht erregend, wie für die Menschen in Russland oder China, deren Staatswesen in der jüngeren Geschichte Millionen von Toten auf dem Gewissen haben. Dort können die Behörden noch immer nicht als Freunde der Bürger gelten. Und hier? Vielleicht gibt es etwas zu viele Beamte, vielleicht könnten sie etwas flexibler mit Gesetzen und Vorschriften umgehen. Letztendlich jedoch existieren die Behörden für uns und als Vertreter unserer Interessen, als Hüter des Gemeinwohls. Und der Normalbürger ist sich dessen sehr wohl bewusst. Vor allem sollten wir uns glücklich schätzen, dass wir nicht der chinesischen, liberianischen oder jemenitischen Bürokratie ausgeliefert sind. Das Projekt Bureaucratics handelt von anonymen Beamten, die nur kleine Räder in einer gigantischen Staatsmaschinerie sind. Die Idee dazu entsprang dem tagtäglichen Ärger über die Exekutivgewalten und einschlägigen Erfahrungen mit ihnen. Sie wurde aber auch gespeist aus der Faszination für die Unerschütterlichkeit, mit der weltweit Millionen von Beamten die Staatsmaschinerien am Laufen halten. Wir wollten die Bürokratie so zeigen, wie sie der durchschnittliche Bürger im jeweiligen Land wahrnimmt, wenn er zum Beispiel um eine Genehmigung ersucht, wenn er eine Archivakte einsehen, Gebühren bezahlen oder bei der Polizei Anzeige erstatten will. Wir haben Service-Schalter außer Acht gelassen, da sie überall gleich aussehen. Bürger, die einen Beamten in seinem Büro aufsuchen, finden dort einen Schreibtisch vor, das Symbol für starre Gesetze und Vorschriften, die das Verhältnis zwischen Staatsdiener und Bürger regeln. Worum es uns geht, ist das Erscheinungsbild der hinter ihren Schreibtischen verschanzten Amtsträger. Die Entdeckungsreise durch die Bürokratie hat in fünf Jahren zu 250 Porträts aus acht Ländern geführt. Diese Ausstellung zeigt eine Auswahl davon. Will Tinnemans