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Urbane Gewächse
Helmut Völter
Bildseite aus dem Buch „Handbuch der wildwachsenden Großstadtpflanzen“, 2006
Buch, Offsetdruck
© Helmut Völter

Helmut Völter »

Urbane Gewächse

Artist Talk: – 22 Aug 2010

Sun 22 Aug 14:00

Alfred Ehrhardt Stiftung

Auguststr. 75
10117 Berlin

+49 (0)30-20095333


www.aestiftung.de

Tue-Sun 11-18

Urbane Gewächse
Claudia Fährenkemper
Gewöhnliche Vogelwicke, 2010
Fotogramm auf Silbergelatinepapier
© Claudia Fährenkemper

Urbane Gewächse Positionen zeitgenössischer Pflanzenfotografie Kurator: Dr. Christoph Schaden, Köln Teilnehmende Künstler: Claudia Angelmaier, Nina Ebbinghaus, Claudia Fährenkemper, Annabelle Fürstenau, Ralph Samuel Grossmann und Helmut Völter 24. Juli bis 26. September 2010 Eröffnung: Freitag, 23. Juli 2010, 19 Uhr Ein Künstlergespräch zwischen Helmut Völter und Dr. Christoph Schaden mit einer integrierten Lesung aus dem Handbuch der wildwachsenden Großstadtpflanzen findet am Sonntag, den 22. August 2010 um 14 Uhr statt. die auf dem land an trägen sitzen kleben, sind lächerlich in ihrem pflanzenleben. Hagedorn Gewächs, neutrum... ein Sammelwort, das alles was wächst, in sich vereinigt. Jacob und Wilhelm Grimm Begriffe expandieren, Städte expandieren, Pflanzen expandieren. Unter dem Titel „Urbane Gewächse“ wendet sich die diesjährige Sommerausstellung der Alfred Ehrhardt Stiftung in Berlin einem überraschenden Aspekt der Gegenwartsfotografie zu. Die Gruppenschau vereint sechs zeitgenössische Positionen der Fotografie, die sich dem facettenreichen Thema der Pflanzen in der Großstadt widmen. Die Alfred Ehrhardt Stiftung führt mit der Ausstellung „Urbane Gewächse. Positionen zeitgenössischer Pflanzenfotografie“ ihre Reihe fort mit Positionen zeitgenössischer Fotografie, die sich – in Anlehnung an Alfred Ehrhardts thematischen Schwerpunkt – mit der Natur und Konstruktionen des Natürlichen auseinander setzen. In seinem Handbuch der wildwachsenden Großstadtpflanzen, das 2006 erschienen ist, gelingt dem Leipziger Künstler Helmut Völter eine Neubestimmung des Floralen im urbanen Raum. „Die Stadt ist auf den ersten Blick für Pflanzen ein fremder, wenn nicht feindlicher Standort. Wo zwischen der dichten Bebauung offener Boden übrigbleibt, ist dieser untergraben von der unterirdischen Infrastruktur der Stadt, belastet mit Schadstoffen und von Fußgängern und Automobilen betreten und befahren. Ein zweiter Blick, ein aufmerksamer Spaziergang zeigt, dass sich trotz dieser schwierigen Bedingungen eine wildwachsende, eigenständige Flora der Stadt entwickelt hat.“ Dass mit der Wiederaneignung städtischer Restareale tatsächlich der vermeintliche Nischencharakter, welcher Pflanzen in der Großstadt attestiert wird, zur Disposition steht, belegen die akribischen fotodokumentarischen Erkundungen von Helmut Völter mit Nachdruck. Seine Recherchearbeiten eröffnen einen schöpferischen Gegenblick und bilden zugleich den Ausgangspunkt der Ausstellung „Urbane Gewächse“, die mitunter auch eine zivilisatorische Perspektive wagt. Nina Ebbinghaus aus Dortmund etwa dokumentiert in zwei sechsteiligen Farbserien Pflanzenarten, die einen deutlichen Migrationshintergrund aufweisen. Es handelt sich bei den portraitierten Neophyten um sogenannte „Aquatische Migranten“ und „Neubürger“, die über Luft und Wasser auf illegitime Weise nach Deutschland gelangen konnten. Claudia Angelmaier aus Leipzig analysiert in ihren fotografischen Arbeiten dagegen tradierte Vorlagen der Hochkunst, die das kollektive Vorstellungsbild von Pflanzen nachhaltig geprägt haben. Exemplarisch werden „Das große Rasenstück“ und die „Akelei“ von Albrecht Dürer in sorgsam drapierten Buchreproduktionen zu jeweils großformatigen Tableaus zusammengestellt. Nicht ohne Ironie bedienen diese Konstruktionen tradierte Projektionsmechanismen, denen die Pflanze im großstädtischen „kulturellen Raum“ bis heute ausgesetzt ist. Einen chirurgischen Blick auf das Florale wirft wiederum Annabelle Fürstenau aus Kiel. Ihre fotografischen Aufnahmen bilden das aufwändige Resultat von Sezierungsprozessen einzelner Blumen- und Pflanzengewächse, deren fragile Glieder nach Größe und Gestalt sorgsam aneinandergereiht wurden. In der Anschauung evozieren ihre Ordnungssysteme eine schmerzende wie ästhetisierende Distanz zu den Objekten. Radikal stellt sich hier die Frage nach dem Identitätsmoment von zeitgenössischen Pflanzenarten. Im Gegenzug offenbart sich die Werkserie von Claudia Fährenkemper in Form einer medialen Rückvergewisserung. Bei ihren hochformatigen Pflanzen- und Blumenbildern handelt es sich um Fotogramme, die am Fundort der Pflanzenobjekte unmittelbar von Sonnenstrahlen belichtet wurden. Auf dem Bildträger hinterlassen die Motive einen Abdruck in Originalgröße, der in seiner Farbigkeit bizarr gehalten ist. Somit stellt sich der Abdruckcharakter der Fotogramme bewusst zwischen Anachronismus und Modernität. Ein Fanal bilden schließlich die beiden Fotoarbeiten von Ralph Samuel Grossmann aus Berlin. In seinen betont nüchternen Bildern ist das Florale wieder in die Blumenvase zurückgekehrt. Eine künstlerische Domestizierungsmaßnahme, wie es scheint, die im Pflanzenmotiv allenfalls noch einen farbabstrakten Aspekt erkunden will. Urbane Gewächse fungieren hier nicht einmal mehr als Projektionsfläche.