Geste und Inszenierung "Jeff Wall. Transit"
Führung: – 11 Jul 2010
Sun 11 Jul 16:00
Staatliche Kunstsammlungen Dresden
Georg-Treu-Platz 1
01067 Dresden
Kunsthalle im Lipsiusbau
Georg-Treu-Platz 1
01067 Dresden
+49 (0)351-49142000
besucherservice@skd.museum
www.skd.museum
Tue-Sun 10-17
Sonderausstellung "Jeff Wall. Transit" (bis 19. September 2010)
Sonntag, 11.Juli Sonderführung: Geste und Inszenierung Die Tableaux Vivants von Jeff Wall, Christiane Lang.
Dienstag, 13. Juli 16:30 Uhr Rundgang mit Clara Sanmarti
Sonntag, 18. Juli 11 Uhr: Kunstgespräch, Antje Nüske: near documentary – fast dokumentarisch
Die Kunsthalle im Lipsiusbau zeigt aus Anlass der Wiedereröffnung des Albertinums mit Jeff Wall einen der bedeutendsten Fotografen des 20. und 21. Jahrhunderts. In unmittelbarer Nähe des Albertinums mit Kunst von der Romantik bis zur Gegenwart wird damit ein wichtiger Schwerpunkt der Gegenwartskunst gesetzt. Bis Jeff Wall als einer der ersten anfing, mit Leuchtkästen zu arbeiten, wurde Fotografie schwarz-weiß und im kleinen Format wie Druckgrafik ausgestellt. Das Aufgreifen der Werbeästhetik in seinen Werken hat die Fotografie revolutioniert.
„Walls Leuchtkästen und Fotografien in Dresden zeigen zu dürfen, ist ein Glücksfall. Seine Werke hinterfragen nicht nur den Umgang mit kulturellem Erbe. Sie treffen hier zusätzlich auf einen Ort, der eine Wiege der Fototechnik war“, sagte der Generaldirektor der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, Prof. Dr. Martin Roth heute in Dresden.
Die Ausstellung umfasst 26 Werke des kanadischen Fotokünstlers aus Vancouver, eine beachtliche Zahl für den sorgfältig arbeitenden Jeff Wall mit seinem überschaubaren Oeuvre. Aus allen drei bedeutenden Werkgruppen sind Beispiele im Lipsiusbau vertreten: 19 Leuchtkästen, sechs Schwarz-Weiß-Fotografien und eine farbige Arbeit im C-Print-Verfahren. Sie umfassen 32 Jahre seines Schaffens, vom Doorpusher (1984) bis zur jüngsten Arbeit von 2009, Search of premises.
„I don’t have a personal relation to Dresden. But maybe my pictures can relate. The last 50 years have been dramatic in Dresden and people are disturbed by history. That’s also a subject of my pictures: being disturbed and going over and over history”, sagte Jeff Wall. Trotzdem lassen sich in der Dresdner Auswahl feine Bezüge herstellen.
„Der größte Leuchtkasten der Auswahl mit dem Titel Restoration (1993), schlägt eine Brücke nach Dresden. Er thematisiert Wiederherstellung und Bewahrung der Vergangenheit anhand der Restaurierung eines monumentalen Panoramagemäldes“, so der Direktor der Galerie Neue Meister, Prof. Dr. Ulrich Bischoff.
Ähnliches taucht in der Arbeit Morning Cleaning auf, die Mies van der Rohes Deutschen Pavillon in Barcelona zeigt: Die akkurate Stuhlreihe ist verschoben, auf dem Teppichboden liegen Fussel, eine Reinigungskraft wischt den Boden. Jeden Morgen muss das kulturelle Erbe von Neuem hergerichtet werden.
Der dokumentarisch wirkende Leuchtkasten ist ein Beispiel für Jeff Walls „kinematografisches“ Werk. Er verschmilzt darin Elemente der Fotografie mit denen des Films und der Malerei. So sind diese Fotografien perfekt ausgeleuchtet, nachgestellt und sehr genau geplant. Oft werden in digitaler Montage verschiedene Versionen nahtlos zu einem Bild zusammengefügt, wodurch der Eindruck eines Standbildes, wie auf einem Filmset, entsteht. In Dresden spielen aber tatsächlich auch seine dokumentarischen Werke eine Rolle.
Eine letzte große monographische Schau von Jeff Walls Schaffen war 2004 in Basel zu sehen, während die Galerie Neue Meister in Dresden bereits 1995 den Doorpusher in Wechselwirkung mit Gemälden des 19. und 20. Jahrhunderts zeigte. Transit nun, der anspielungsreiche Titel, bezieht sich auf die feinen Übergänge, sei es zwischen Privatsphäre und Öffentlichkeit oder zwischen Stadt und Land.
Kurator Mathias Wagner: „Transit ist aber auch etwas Offenes, ein Angebot oder eine verborgene Geschichte, die der Beobachter vollenden muss. Jeff Wall arbeitet nicht sozialkritisch oder politisch, Nachdenken vollzieht sich bei ihm über Schönheit.“
Die modernen Allegorien von Jeff Wall beziehen sich auf Gesten, Bildformeln und Kompositionsprinzipien aus früheren Zeiten, viele Motive sind in der europäischen Kunstgeschichte vorgeprägt, in der sich Jeff Wall als gelernter Kunsthistoriker hervorragend auskennt. So bezieht er sich im Storyteller auf Edouard Manets Frühstück im Freien, der Doorpusher mit seinem stilisierten Segensgestus hat Anklänge an Christus beim letzten Abendmahl.
Zur Ausstellung erscheint ein Katalog im Verlag Schirmer/Mosel. Hrsg. Von Ulrich Bischoff und Mathias Wagner. Mit Beiträgen von Laszlo Glozer, Thomas Weski, Ulrich Bischoff und Mathias Wagner, einem Interview mit Jeff Wall von Jürgen Müller und Peter Geimer sowie Kommentaren zu allen ausgestellten Bildern. (Museumsausgabe 35,90 Euro)