Chris Killip »
Seacoal
Exhibition: 1 Apr – 15 May 2011
Museum für Photographie
Helmstedter Str. 1
38102 Braunschweig
Museum für Photographie Braunschweig
Helmstedter Str. 1
38102 Braunschweig
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www.photomuseum.de
Tue-Fri 13-18, Sat/Sun 11-18
Chris Killip Seacoal
Zwischen 1983 und 1984 verbrachte der britische Fotograf Chris Killip über 14 Monate in einem Karavan in Lynemouth an der nordostenglischen Küste. An einem schmalen Küstenstreifen sammelten Bewohner eines Camps Schwemmkohle („Seacoal“), die aus einer nahegelegenen Mine stammte, und verkauften sie illegal weiter. Die Menschen, die diese natürliche Kohlenwäsche nutzten, misstrauten dem Fotografen zunächst. Killip gewann ihr Vertrauen, fotografierte sie bei ihrer Arbeit und porträtierte ihr Leben in den Behausungen und Wohnwagen. In seinen Bildern werden die verschiedenen Personen und Familien des Coal Camps zu wiederkehrenden, vertrauten Protagonisten.
Nachdem Chris Killip vierzehn Aufnahmen aus der Seacoal-Serie in seinem vielbeachteten Buch In Flagrante (1988) veröffentlicht hat, wird das umfangreiche dokumentarische Projekt zum ersten Mal in einer monografischen Ausstellung gezeigt und erscheint als Fotobuch. Heute, fast 30 Jahre nach dem Entstehen der Bilder, besteht für die Dargestellten keine Gefahr mehr, identifiziert und für ihre Aktivitäten belangt zu werden. Wieder und wieder setzte Chris Killip die schwere, archaisch wirkende körperliche Arbeit ins Bild – in einer Zeit, in der der industriell geprägte Norden Englands in eine schwere Krise geraten war.
Die Schwarzweißfotografie, der klassische Code einer humanistisch geprägten Concerned Photography, findet mit Chris Killip einen engagierten Vertreter, der diese Tradition in ebenso radikalen wie elegischen Bildern fortführt. Der Blick auf soziale Randgruppen in unserer Gesellschaft – ein gängiges Thema in den 1980er Jahren und ein zugegeben prekäres Sujet – findet sich heute nur noch selten in der Arbeit junger Fotografen oder Filmemacher wieder und wird zunehmend an die voyeuristischen Reportageformate des Fernsehens delegiert. Chris Killips teilnehmender, insistierender und empathischer Blick ist in dieser Hinsicht eine fast historische Haltung und hat doch nichts von seiner Relevanz verloren.
Die Braunschweiger Ausstellung ist die einzige Station dieser Schau in Deutschland. Zu ihrem Anlass wird beim Steidl Verlag in Göttingen ein Fotoband erscheinen, der sich einzig der Seacoal-Serie widmet. Weitere europäische Stationen in Frankreich und der Schweiz folgen.