Sebastian Stumpf »
Nowhere Near
Exhibition: 27 May – 17 Jul 2011
Museum für Photographie
Helmstedter Str. 1
38102 Braunschweig
Museum für Photographie Braunschweig
Helmstedter Str. 1
38102 Braunschweig
+49 (0)531-75000
info@photomuseum.de
www.photomuseum.de
Tue-Fri 13-18, Sat/Sun 11-18
Für Sebastian Stumpf ist der eigene Körper das erste und zentrale Medium, seine Arbeiten sind Performances im physischen Sinne des Wortes. Doch seine Interventionen im öffentlichen Raum sind nicht ohne das aufzeichnende Auge der Videokamera oder des Fotoapparates zu denken. Sie werden in präzise Aufnahmen übersetzt, Aktion und Bild sind untrennbar verbunden.
Der Raum der Stadt mit seiner vorgegebenen Ordnung und die leeren Räume zeitgenössischer Kunstinstitutionen bilden das Terrain, auf dem Sebastian Stumpf operiert. Dabei erscheint uns sein Auftritt vor der Kamera als ebenso artistisch wie subversiv: Ein unscheinbares architektonisches Detail wird plötzlich zum Auslöser einer körperlichen Leistung, welche erstaunt, verwundert, zum Lachen bringt oder verstört. So rollt er sich im letzten Moment unter sich schließende Tore von Tiefgarage, klettert auf kleine Zierbäumchen in modernen Reißbrettarchitekturen oder benutzt Brücken nicht zum Überqueren eines Flusses, sondern zum Sprung ins Wasser.
Als Protagonist seiner Fotografien und Videoarbeiten befasst sich Sebastian Stumpf mit künstlichen Räumen und urbanen Utopien – Orte, an denen der menschliche Körper nur eine abstrakte Rechengröße in einer geplanten Struktur ist. Er spürt deren Lücken und Spalten auf, deren Ausstiege und Sackgassen. In der 28-teiligen Fotoserie Sukima (2009) erscheint sein aufrecht stehender Körper, eingepasst in die strenge Geometrie der Fassaden von Tokioter Gebäuden, wie ein wunderlicher Wiedergänger von Le Corbusiers Figur des Modulors, jener Maßfigur des modernen Menschen.
Die Wahrnehmung des eigenen Körpers ist in Stumpfs Arbeit nie allein auf sich selbst bezogen, vielmehr definiert sie sich über spezifische Orte. Seine Aktionen zeigen einen anderen Weg, um auf die Wirklichkeit des urbanen Raums zu reagieren, anstatt sie ausschließlich zu dokumentieren. In dieser Hinsicht knüpft Sebastian Stumpf an die Tradition verschiedener experimenteller Bewegungsformen an, wie z.B. dem »dérive« der französischen Situationisten, der in den 1990er Jahren von Jugendlichen entwickelten »Le Parkour«-Bewegung aber auch der Körperkomik früher Stummfilmhelden. Seine Bewegung im Stadtraum beugt sich nicht bekannten Konventionen, sondern behauptet die eigene, abweichende Haltung, die ein wenig mit Nonsens, aber viel mehr noch mit Eigensinn zu tun hat.