Jörn Vanhöfen »
Exhibition: 27 Aug – 8 Oct 2011
Kuckei + Kuckei
Linienstr. 107/108
10115 Berlin
+49 (0)30-8834354
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www.kuckei-kuckei.de
Tue-Fri 11-18, Sat 11-17
Jörn Vanhöfen
27. August – 8. Oktober 2011
August 27 – October 8, 2011
Eröffnung / opening reception / Samstag, 27. August, 19h - 21h
Manmade landscapes of beauty and depredation
Only a few individuals appear in the quiet pictures by photographer Jörn Vanhöfen, or so it seems, at first glance. For behind the aesthetic charm of his visual compositions lies the ambiguity of their aesthetic, as well as the omnipresence of people in the age of globalization.
His landscapes are places man has affected, and then carelessly abandoned, forgotten, but they also depict places of transformation, such as the wildfires in Portugal, droughts, or marble mining in Carrera. With his leftovers, man has created landscapes that ravage, pollute, and supplant: mountains of junk, paper, and old tires; industrial ruins and deserted terrain in mega-metropolises. Vanhöfen creates unique, poetic photographs, which disturb us and question our experience of reality, because they avoid definition. And so his photographs shock us, while confronting “the modern, sentimental feeling about nature,” of which philosopher Georg Lukás has already said that it is “only the projection of experience and the self-made environment is no longer a home for mankind, but a prison.” Nature is no longer comforting, but the “historical, philosophical objectification of the alienation between mankind and his constructs.”
Of course, nowadays, it is almost trivial to point out that images are ambiguous. Yet, because of the number of images and the visual distractions that surround us every day, dulling the precision of our visual experience, it seems necessary to once again call for conscious perception and attention. Mindfulness describes the quality of perception. Vanhöfen compels anyone observing his pictures not only to consume them, but to really read the images. He calls himself a “political landscape photographer,” whose minimalistic images achieve clarity, and whose landscapes “would like to portray the confrontation with cultural idiosyncrasies,” as he said in an interview. Vanhöfen travels everywhere where the consequences of permanent growth and boundless profiteering have, in the meanwhile, become conspicuous: Africa, Europe, Asia, and North America, where beauty and horror are closely linked, but lack any trace of the sublime.
Vanhöfen studied at the Folkwang School in Essen and works with a large-format camera and a 6-x-7 Plaubel Makina. "Even my choice of camera, and its slow speed, force me to stay at a distance. So I have spend much more time observing the situation and be more than usually conscious in my selection of a standpoint. My camera’s standpoint is always my internal standpoint—and programmed for distance and complexity.”
Caroline Schilling
Zur Ausstellung erscheint das Buch Aftermath
Hatje Cantz Verlag
148 pp., 64 color ills.
34,8 x 28,9 cm
ISBN 978-3-7757-2975-8
Von Menschen Hand – Landschaften zwischen Schönheit und Verwüstung
Menschen kommen in den stillen Bildern des Fotografen Jörn Vanhöfen nur vereinzelt vor, zumindest auf den ersten Blick. Denn hinter dem ästhetischen Reiz seiner Bildkomposition, liegt die Ambiguität der Ästhetik und die menschliche Omnipräsenz in Zeiten der Globalisierung.
Seine Landschaften sind Orte, wo der Mensch gewirkt, achtlos hinterlassen und vergessen hat, aber auch Orte der Transformation wie die Aufnahmen von Wald- und Buschbränden in Portugal, von Dürren oder dem Marmorabbau in Cararra. Der Mensch hat mit seinen Hinterlassenschaften Landschaften geschaffen, die verwüsten, verseuchen und verdrängen: Berge von Schrott, Papier und alter Autoreifen, Industriebrachen und aufgegebene Gelände von Megametropolen. Es entstehen eigentümlich poetische Fotografien, die irritieren und unsere Erfahrung von Wirklichkeit hinterfragen, weil sie sich der Eindeutigkeit entziehen. Und so stoßen uns Vanhöfens Fotografien, auch auf »das moderne, sentimentalische Naturgefühl«, von dem schon der Philosoph Georg Lukás sagte, dass es nur die »Projektion des Erlebnisses und die selbstgeschaffene Umwelt für den Menschen kein Vaterhaus mehr ist, sondern ein Kerker«. Die Natur ist nicht mehr das Trostbringende, sondern »die geschichtsphilosophische Objektivation der Entfremdung zwischen dem Menschen und seinen Gebilden«.
Sicher, es ist heute fast schon trivial hervorzuheben, dass Bilder mehrdeutig sind. Doch bei der Vielzahl der Bilder und visuellen Reize, die uns tagtäglich umgeben und das genaue Sehen verflachen, scheint es notwendig, gerade die bewusste Wahrnehmung und Aufmerksamkeit wieder einzufordern. Aufmerksamkeit beschreibt die Qualität der Wahrnehmung. Jörn Vanhöfen zwingt den Betrachter seiner Bilder, nicht nur zu konsumieren, sondern die Bilder wirklich zu lesen. Er selbst nennt sich einen »politischen Landschaftsfotografen«, der mit seinen reduziert anmutenden Bildern Klarheit erreichen und seine Landschaften »als Auseinandersetzung über kulturelle Eigenarten darstellen möchte«, wie er in einem Interview sagte. Vanhöfen reiste überall dorthin, wo die Folgen von permanentem Wachstum und grenzenlosen Profithandels inzwischen unübersehbar sind: Afrika, Europa, Asien und Nordamerika. Die Schönheit und das Erschrecken liegen dabei immer sehr eng beieinander, aber ohne jene Spur von Erhabenheit.
Jörn Vanhöfen, der an der Folkwangschule Essen studierte und Meisterschüler an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig war, arbeitet mit einer Großformatkamera sowie mit einer 6x7 Plaubel Makina. »Schon durch die Wahl meiner Kamera und durch ihre Langsamkeit bin ich gezwungen, Abstand zu wahren. Daher muss ich die Situation viel länger beobachten und viel bewusster meinen Standpunkt einnehmen. Mein Kamerastandpunkt ist mein innerlicher Standpunkt - und auf Distanz und Vielschichtigkeit programmiert.«
Caroline Schilling