Anders Petersen »
city diary
Exhibition: 10 Sep – 20 Nov 2011
Kunstsammlung im Stadtmuseum Jena
Markt 7
07743 Jena
+49 (0)3641-498260
kunst@jena.de
www.kunstsammlung-jena.de
Di, Mi, Fr 10-17, Do 14-22, Sa/So 11-18
Anders Petersen (Stockholm) - city diary
Fotografie
Anders Petersen wird am 1944 in Solna (Schweden) geboren. Er besucht die berühmte Fotoschule von Christer Strömholm, dem Begründer der modernen schwedischen Fotografie. Sein mittlerweile in mehr als 20 Büchern veröffentlichtes Werk verweist nicht nur auf ein bedeutendes und umfangreiches, sondern auch auf ein äußerst ambitioniertes Werk. 2008 wird Petersen mit dem Erich-Salomon-Preis der Deutschen Gesellschaft für Fotografie geehrt.
Seit den 1960er Jahren fotografiert Anders Petersen in den Randbereichen der Gesellschaft, einer Welt voller Leidenschaften und Obsessionen, bevölkert von Nachtschwärmern, Alkoholikern, Transvestiten und Prostituierten, dort, wo sich Einsamkeit, artistische Gebärde und existenzielles Geworfensein in schrillen Lebenslinien überlappen. Petersens Bilder, die ausnahmslos in schwarz weiß entstehen und oft grob gekörnt sind, zeigen Milieu, beschreiben jedoch keine Sensation, sondern sie sind aufrichtig und empfindsam denen verbunden, die sich öffnen und enthüllen. „Ich versuche, nicht zu fotografieren, wie ich sie sehe, sondern wie ich sie fühle. Ich bin an Unvollkommenheit interessiert.“ (A. Petersen)
Beeinflusst durch Fotografen wie Robert Frank und Brassaï, entwickelte Petersen eine unverwechselbare Bildsprache, mit der er die verborgenen Aspekte des Menschlichen erkundet. Seine Werkserien wurden stilbildend für viele jüngere Fotografen.
Anders Petersen verbrachte lange Zeit im Hochsicherheitstrakt eines Gefängnisses, um die Häftlinge zu fotografieren. In einprägsamen Bildern zeigte er Patienten und deren Alltag in einer psychiatrischen Anstalt, er fotografierte in Kneipen, Bars und Clubs. Und er reiste über Jahre zwischen Stockholm, Tokio, Paris und St. Petersburg und porträtierte Menschen in deren Städten und an Orten, zu denen andere kaum finden. Die dabei entstandene Folge city diary steht im Zentrum der Ausstellung.
Petersen arrangiert seine Fotografien oftmals in Tableaus und sortiert sie in der Art eines begehbaren, optischen Tagebuches: Hier eine Nackte auf einem Balkon, dort ein Schwarm von Insekten, da ein Teller mit Austern oder Fußspuren auf einem verschneiten Friedhof. Man spürt Zorn, Zärtlichkeit und Verzweiflung, aber auch jene unermüdliche Vitalität, die Petersen umtreibt. Sein Interesse an Menschen und ihren Schicksalen gleicht einer Suche nach jenen Situationen, in denen sich unsere Zeit in gleichnishaften Bildern offenbart. Nicht zuletzt aus diesem Grund gilt Anders Petersen als einer der bedeutendsten Fotografen unserer Zeit.
Mit 18 Jahren besuchte Anders Petersen erstmals Hamburg und geriet dort zufällig ins Café Lehmitz, eine Bierkneipe an der Reeperbahn. Die Kneipe war Treffpunkt und oft auch Endstation für viele, die in Hamburgs berühmt-berüchtigtem Rotlichtviertel arbeiteten: Prostituierte, Zuhälter, Transvestiten, Handlanger und gewöhnliche Kleinkriminelle. Bei einem neuerlichen Besuch im unruhigen Jahr 1968, begann Petersen die Gäste zu fotografieren. Seine im Laufe dreier Jahre entstandenen Aufnahmen, wurden 1978 erstmals in Buchform veröffentlicht. Anfangs war niemand an einer Veröffentlichung dieser Bilder interessiert, dies änderte sich jedoch, nachdem die Serie auf dem Fotofestival in Arles große Beachtung fand. Die Publikation Café Lehmitz gilt mittlerweile als Klassiker und gehört heute zu den wichtigsten Fotobüchern des 20. Jahrhunderts:
Während Männer trunken an den Leibchen derangierter Weiber herumfummeln, ist für diesen Augenblick zwischen Wettsauferei, kostenlosen Entblößungen und sinnlosen Hahnenkämpfen in der tiefen schwarzen Körnung der Kleinbildfotografie alles in Ordnung. Ohne Zweifel ist es Petersen gelungen, sich in die besten Stunden der Verzweifelten einzuklinken. (Ulf Erdmann Ziegler, Tristesse oblige, Frankfurter Rundschau 15. September 2004)
Petersen arrangiert seine Fotografien oftmals in Tableaus und sortiert sie in der Art eines begehbaren, optischen Tagebuches: Hier eine Nackte auf einem Balkon, dort ein Schwarm von Insekten, da ein Teller mit Austern oder Fußspuren auf einem verschneiten Friedhof. Man spürt Zorn, Zärtlichkeit und Verzweiflung, aber auch jene unermüdliche Vitalität, die Petersen umtreibt. Sein Interesse an Menschen und ihren Schicksalen gleicht einer Suche nach jenen Situationen, in denen sich unsere Zeit in gleichnishaften Bildern offenbart. Nicht zuletzt aus diesem Grund gilt er als einer der bedeutendsten Fotografen unserer Zeit.