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Produktpolitik
Beate Gütschow, Was entsteht wenn Perfektion ins kleinste Detail reicht, 2011
Light box, 121 x 151 cm
Courtesy Beate Gütschow, Barbara Gross Galerie, München; Produzentengalerie, Hamburg; Sonnabend Gallery, New York © VG Bild-Kunst Bonn 2011

Beate Gütschow »

Produktpolitik

Exhibition: 11 Nov 2011 – 8 Jan 2012

Thu 10 Nov 19:00

Museum für Photographie

Helmstedter Str. 1
38102 Braunschweig

Museum für Photographie Braunschweig

Helmstedter Str. 1
38102 Braunschweig

+49 (0)531-75000


www.photomuseum.de

Tue-Fri 13-18, Sat/Sun 11-18

Beate Gütschow gehört zu einer Generation von Foto- und Videokünstlerinnen in Deutschland, die in der vergangenen Dekade, nach dem großen Erfolg der Düsseldorfer Schule in den 1990er Jahren, die internationale Bühne betreten haben. Ihre Teilnahme an der großen Gruppenausstellung Made in Germany in Hannover (2007) stellte ihre Arbeiten erstmals einer breiten kunstinteressierten Öffentlichkeit vor. Ihre vorläufig wichtigste Station war 2009 die Ausstellung place(ments) in den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden.

Ein wesentlicher Gedanke in Beate Gütschows künstlerischer Arbeit liegt in der Frage, welche zeitgenössische Form und welcher inhaltliche Gegenstand lassen sich heute für die klassischen Genres der Repräsentation finden. Ihre umfangreichen Werkreihen LS und S widmete sie der Darstellung von Landschaft und Stadtlandschaft – mit den Mitteln der Fotografie, die als digitales, synthetisches Bild die Frage nach dem Realismus des fotografischen Mediums neu stellt. Ihre großformatigen Tafelbilder sind hybride Konstrukte aus fotografischer Abbildung, klassischer Bildauffassung und neuen Formen der Bildmontage.

Mit ihren jüngsten Arbeiten, darunter die Werkgruppe „ I “, betritt sie erneut ein klassisches Feld, auf dem nun die Interieur-Darstellung aber auch das Stillleben zum Gegenstand der künstlerischen Auseinandersetzung wird. Als zeitgemäßer Ort dienen nun unterschiedliche „Settings“, die an Fotostudios, Werbeateliers, Labore oder Büroräume erinnern. Die Konstellationen der Dinge und Geräte, die darin auftauchen, bleiben jedoch rätselhaft, die Funktion und der Zweck ihres Aufeinandertreffens lassen sich nicht entschlüsseln. Sichtbar wird ein funktionalistischer Ort, an dem Dinge auf dem Prüfstand stehen oder zu Images weiterverarbeitet werden. Ein Moment der Pause ist eingetreten, eine kurzer Aufschub, bevor sich die Arrangements möglicherweise neu ordnen werden.

War für die Surrealisten das zufällige Zusammentreffen einer Nähmaschine und eines Regenschirms auf einem Seziertisch noch Ausdruck von Schönheit, so wirken die Dinge in Beate Gütschows neuen Arbeiten eher verloren, ohne sinnfällige Einbindung, heimatlos. Einige ihrer fotografierten Objekte sind Bestandteile von Automobilen, herausgerissen aus der Welt der perfekten, designten Oberfläche – so werden sie uns zumeist vermittelt – sind sie jedoch keine autonomen Dinge mehr, sondern mechanische Organe, die aus ihrem komplexen Organismus entnommen worden sind. Beate Gütschow hat als Präsentationsform ihrer Arbeiten den Leuchtkastens gewählt; auch dies ist ein Verweis auf die Bildrhetorik der Werbung. Produktpolitik lautet daher der lakonische Titel dieser Ausstellung.

Als Kontrastfolie zu Beate Gütschows Dekonstruktionen der fotografischen Werbe- und Illusionsmaschinerie, zeigt das Museum für Photographie Braunschweig, in gemeinsamer Auswahl mit der Künstlerin, zwei Beispiele modernistischer Sachfotografie – acht Aufnahmen aus Albert Renger-Patzsch‘ berühmter Serie aus dem Fagus-Werk in Alfeld/Leine sowie eine größere Sammlung von Sach- und Werbefotografien der in den 1930er Jahren in Frankfurt ansässigen Fotografin Elisabeth Hase. Begleitet von Texten zur neusachlichen Fotografie dieser Jahre zeigt sich der empathische Blick, der der fotografischen Darstellung der Dinge in jener Zeit zu Grunde liegt: als ob sich das Wesen der Dinge dem Blick der Kamera offenbaren könnte.

In der Begegnung dieser unterschiedlichen fotografischen Bildkulturen, stellt sich erneut die Frage, ob und wie gerade der ›stille‹ fotografische Blick den Dingen in besonderer Weise gerecht wird, sie in ihrer Form und ihrem Wesen nach zeigt, sie als autonome Dinge oder als fetischisierte Produkte inszeniert.