Kurt Wyss »
Begegnungen
Exhibition: 19 Nov 2011 – 7 Jan 2012
Johanna Breede
Fasanenstr. 69
10719 Berlin
Johanna Breede PHOTOKUNST
Fasanenstr. 69
10719 Berlin
+49 (0)30-88913590
photokunst@breede.de
www.johanna-breede.com
Tue-Fri 11-17, Sat 11-14
The work of the Swiss photographer Kurt Wyss (*1936 Basel) will be shown for the first time in Berlin at Johanna Breede PHOTOKUNST.
Le merveilleux photographe Kurt Wyss
De la population de Bâle j´ai une idée très arrêtée et c´est qu´elle est faite de gens singuliers. Je sais bien qu´il faut se garder de généraliser trop vite mais tout de même tous les Bâlois que j´ai connus (un certain bon nombre) étaient personnages singuliers, et Kurt Wyss en est un aussi.
Concernant sa configuration physique je dirai qu´il est svelte et de mouvement rapide, avec un visage fortement empreint d´honnêteté. Concernant l´air d´honnêteté je dirai qu´on le rencontre chez les gens assez rarement – hors de Bâle du moins- et concernant la caractère d´honnêteté et de véracité chez les artistes je dirai que, contrairement á l´opinion quelquefois admise, il est capital. Pas de production d´art qui vaille oú ne souffle fortement le vent de la véracité, Ceux qui ne sont d´abord convaincus de cela se font de la vraie production d´art une idée faible et disons erronée.
Le corps principal de Kurt Wyss, mince comme guêpe, se prolonge d´organes annexes pourvus de viseurs et qu´il pétrit dans la main et porte á tout moment á son oeil. Avec d´autres photographes on assiste à une suite d´opérations qui se déroulent explicitement -calcul de la distance, mesure de la lumière, positionnement de l´objectif- mais rien de cette sorte avec lui. L´appareil fait corps avec l´oeil, l´action est immédiate et non décomposée. Il grimpe soudainement sur n´ importe quoi, met la table sur une caisse, une chaise sur la table, prend appui du pied sur la fenêtre et la voilà perché, le cou tordu, la tête en bas, l´oeil au viseur, pressant précipitamment le déclic, cinq, dix, vingt fois. Saisit alors prestement un autre appareil, pivote sur son axe comme un furet, et encore vingt déclics. Il bondit á un autre endroit, recommence. Le spectateur ne peut se défendre de songer au coût de la pellicule entraîné par si grand nombre de prises de vue mais de cela Kurt Wyss n´a apparemment aucun souci. En complète transe. Il n´est plus le photographe, il est la Photographie, déchaînée, en chasse comme un fauve.
Après cela que se passe-t-il? Des nuits entières, j´imagine, à développen fébrilement les bobines, à scruter par transparence les négatifs, à expérimenter des tirages plus ou moins contrastés, sur des différents papiers. Un travail énorme, j´imagine, au bout duquel sont délivrées des photographies stupéfiantes, admirablement ingénieuses et inventives, d´une remarquable perfection technique, et d´une abondance interloquante. Il les groupe en albums. Ceux-ci restituent alors comme panoramiquement, et dans une forme saisissante, dramatisée, des instants fugitifs auxquels nul autre que lui n´aurait prêté attention, et que, dans une étonnante rapidité de vision, il a réussi à capter.
Jean Dubuffet
n der Ausstellung BEGEGNUNGEN präsentiert Johanna Breede PHOTOKUNST zum ersten Mal in Berlin Arbeiten des Schweizer Photographen Kurt Wyss (*1936 in Basel).
Nach seiner Photographenlehre in Fribourg und Bern arbeitete Kurt Wyss seit Mitte der Sechziger Jahren für verschiedene Zeitungen. Neben Reportagen, die ihn nach Biafra, Nicaragua oder zu den Schweizer Bergbauer führten, dokumentiert Kurt Wyss ab 1970 die Entwicklung der Art Basel. Als Chronist, Zeitzeuge, Schilderer von Ereignissen und Lebensumständen, reflektiert er Begebenheiten und Begegnungen. Begegnungen mit Respekt und Sensibilität.
Vernissage: am Freitag, dem 18. November 2011, von 19- 21 Uhr
in Anwesenheit des Photographen
Dauer der Ausstellung: 19. November 2011 -14. Januar 2012
Kurt Wyss, ein wunderbarer Fotograf
Von den Einwohnern der Stadt Basel habe ich eine ganz bestimmte Meinung: nämlich dass sie ganz erstaunliche Menschen sind. Zwar soll man sich vor zu schnellen Verallgemeinerungen hüten, aber trotzdem muss ich sagen, dass alle Basler, die ich gekannt habe (und das waren nicht wenige), erstaunliche Menschen waren – und Kurt Wyss gehört auch dazu.
Was seine physische Erscheinung angeht, so würde ich ihn als schlank bezeichnen, als einen Menschen mit raschen Bewegungen und einem in hohem Maße Ehrlichkeit ausstrahlenden Gesichtsausdruck. Was diese Ausstrahlung angeht, so würde ich sagen, dass man sie – zumindest außerhalb Basels – doch recht selten antrifft, und was die Ehrlichkeit und die Suche nach Wahrheit als Charaktereigenschaften bei Künstlern angeht, so würde ich im Gegensatz zu dem, was man hin und wieder hört, sagen, dass diese Eigenschaften absolut kennzeichnend für die gesamte Persönlichkeit sind. Wirkliche Kunstwerke können nur dort entstehen, wo das künstlerische Schaffen von Wahrheit durchdrungen ist. Und alle, die nicht von vornherein davon überzeugt sind, haben von wirklichem künstlerischem Schaffen nur eine geringe, und klar herausgesagt, falsche Vorstellung.
Was man an Kurt Wyss zuerst wahrnimmt, ist sein schlanker Körper, dessen Glieder sich raumumfassend zu verlängern und wie mit Suchern ausgerüstet scheinen, die er mit den Händen formt und knetet und dann ganz unvermittelt zum Auge führt. Bei anderen Fotografen beobachtet man bestimmte Handgriffe, die in einer bestimmten Reihenfolge ablaufen, Berechnung der Entfernung, Einschätzung der Lichtverhältnisse und Objektiveinstellung – nichts von alledem sieht man jedoch bei ihm.
Die Kamera und sein Auge verschmelzen zu einem Ganzen, zu einer einzigen Handlung, die sich nicht in einzelne Vorgänge gliedert. Ganz plötzlich klettert er auf einen gerade verfügbaren Gegenstand, stellt einen Tisch auf eine Kiste, einen Stuhl auf den Tisch, stützt sich mit dem Fuß am Fenster ab, und schon steht er da, den Hals nach vorn gestreckt, den Kopf nach unten gebeugt, das Auge am Sucher und drückt fünf, zehn, nein zwanzig Mal hintereinander auf den Auslöser, greift geschickt nach einer anderen Kamera, dreht sich wie ein Kreisel um die eigene Achse und hat schon wieder zwanzig Mal ausgelöst. Er springt auf die andere Seite und beginnt von Neuem. Der Beobachter kann nicht umhin, an die Kosten für das Filmmaterial zu denken, aber darüber macht sich Kurt Wyss scheinbar gar keine Sorgen. Er ist völlig in Trance, ist nicht mehr Fotograf, sondern ganz Bild, losgelöst von allen Ketten, auf der Jagd in freier Wildbahn.
Und was geschieht dann? Ganze Nächte, stelle ich mir vor, verbringt er mit dem Entwickeln der Filme, der Prüfung der Negative, der Herstellung verschiedenster Abzüge – ein Spiel mit Kontrasten – auf unterschiedlichem Papier. Eine gewaltige Arbeit, stelle ich mir vor, deren Ergebnis sich in einer ungeahnten Vielfalt verblüffender, bewundernswert genialer, aus unerwartetem Blickwinkel aufgenommener Fotos von erstaunlicher technischer Perfektion widerspiegelt, die er in Alben zusammenfasst. In diesen Alben verschmelzen einige flüchtige Augenblicke, denen niemand außer ihm Beachtung geschenkt hätte, die er jedoch mit überraschender Schnelligkeit wahrzunehmen und einzufangen wusste, zu einem eindrucksvollen dramatisch wirklichkeitsnahen Gesamtbild.
22. Februar 1974,
Jean Dubuffet