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Traumbilder
Floris Neusüss, München 1958

Floris Neusüss »

Traumbilder

Fotografien 1958 bis 1983

Exhibition: 22 Jun – 14 Oct 2012

Thu 21 Jun 19:00

Münchner Stadtmuseum

St.-Jakobs-Platz 1
80331 München

Münchner Stadtmuseum

St.-Jakobs-Platz 1
80331 München

+49 (0)89-23322370


www.muenchner-stadtmuseum.de

closed until 2027

Traumbilder
Floris Neusüss, Flugtraum, Kassel 1977

Since the late 1950s, Floris Neusüss (born 1937 in Lennep) has explored photography’s potential beyond its simple portrayal of the world around us. His photos achieve their impact thanks to the tension between the candor of the camera and the potential for surrealist interpretation. Neusüss blends keen consciousness of the technical and historical constraints of photography with a lyrical, even a dreamlike, eye.

Past exhibitions and earlier publications have considered Neusüss's artistic achievement to be the testing and development of the photogram, camera-less photography that was on show most recently at the "Shadow Catchers" exhibition at the Victoria & Albert Museum in London in 2010. The general public generally associates Neusüss with the life size nudes he produced in the 1960s for which L. Fritz Gruber coined the term "Nudogram". However, Neusüss's camerawork and his conceptual photography-based work have, to date, received only sporadic attention.
A retrospective at the Kassel Arts Association in 1977 was the last occasion on which so many of the works that defined his oeuvre were on display.

To coincide with the artist’s 75th birthday, the Photography Collection of the Münchner Stadtmuseum is now making good this omission with exhibits from its extensive archive. In 2007, Neusüss gave his entire camera photography archive to the Photography Collection of the Münchner Stadtmuseum. It was from Munich that Neusüss drew the artistic inspiration that did much to shape his work. In fact, he had learned his craft at the Bavarian State Photography School – and was able to build on this early training in his artistic creations and in his subsequent teaching activity.

The exhibition shows a representative selection made by the Münchner Stadtmuseum from the Neusüss archive; the works span the years 1958-1983 and fall into four thematic categories: dream images, shop windows, portraits and conceptual photography. The work stretches from Neusüss's student days to his first teaching post as professor for experimental photography at the University of Kassel and his activities at the Fotoforum.

Most of the exhibits in the Dream Images series are from Neusüss's early art work produced between 1958 and 1965. His camera converts the commonplace into places of elusive beauty: his surroundings in Munich and Berlin where he attended college, the city parks, the academy gardens and his apartment on Munich's Türkenstrasse. The inhabitants of this world hardly seem to be flesh and blood; they loom like apparitions from lush parkland. Neusüss experimented with double-exposures and negative montages, thus robbing photographs of their pictorial candor. In the 1960s, he also produced an impressive series of portraits of the DADA artist Hannah Höch that are very close in spirit to the Dream Images.

The series of shop window images are sketch-like in their appeal. Neusüss took the pictures with a hand-held camera during trips through Europe in the 1960s and 1970s; they look like rough drawings from the daily surrealism of the commercial world.

The portrait series "documenta 5 VIPs" with 36 images of artists, visitors and organizers of the Kassel documenta in 1972 are early examples of the photography-based work Neusüss produced in the 1970s. Originally these life-size full figure portraits were installed in a Kassel subway, but were removed by the over-zealous City Cleaning Department soon after the opening of documenta. For the first time since 1972, the exhibition is showing all 36 works in the series as new prints, among other portraits of Joseph Beuys, Arnulf Rainer, Bazon Brock, Edward Kienholz and Rebecca Horn.

In the 1970s, Neusüss’s pictorially analytical and performative work set out to challenge the theoretical and practical constraints of photography. He was particularly interested in the relationship between subject and its photographic depiction and the different levels of reality that arose from the relationship between image, document, reproduction and historical place. In works such as "Dream of Flying" or "Dissolved Bodies" the artist's photographic image becomes a plaything of the elements; it is at the mercy of the tide, is consumed by flames or sent aloft with a kite.

The Hatje Cantz publishing house has produced a catalog for the exhibition with articles written by Fabian Knierim, Michael Krüger and Ulrich Pohlmann. The publication is available for 29.80 € at the museum’s ticket office and in the museum shop.




Floris Neusüss (geb. 1937 in Lennep) erforscht seit den späten 1950er-Jahren die Möglichkeiten der Fotografie, mehr zu zeigen als lediglich ein Abbild der uns umgebenden Realität. Seine Fotografien entfalten ihre Wirkung im Spannungsfeld von fotografischer Faktizität und surrealistischem Rätsel. Neusüss verschmilzt eine hochgradig medienreflexive Position, die sich stets der technischen und historischen Voraussetzungen der Fotografie bewusst ist, mit einem poetischen, fast traumwandlerischen Blick.

In Ausstellungen und Publikationen wurden bisher vor allem Neusüss' Verdienste um die Erforschung und künstlerische Weiterentwicklung des Fotogramms, mithin der kameralosen Fotografie, gewürdigt, zuletzt 2010 im Rahmen der Ausstellung „Shadow Catchers" am Victoria & Albert Museum, London. Insbesondere Neusüss' Körperbilder aus den 1960er-Jahren, lebensgroße Aktfotogramme, für die L. Fritz Gruber den Titel „Nudogramme“ erfand, prägen das Bild seines Werks in der Öffentlichkeit. Neusüss' Kamerafotografien sind hingegen ebenso wie seine konzeptuellen Fotoarbeiten bislang nur in Ansätzen aufgearbeitet. Eine Werkschau im Kasseler Kunstverein 1977 war der letzte Anlass, zu dem diese für das Oeuvre von Neusüss entscheidenden Komplexe ausführlicher präsentiert wurden.

Die Sammlung Fotografie im Münchner Stadtmuseum schließt diese Lücke im Jahr des 75. Geburtstags des Künstlers mit einer Ausstellung und kann dabei auf einen umfangreichen Bestand zurückgreifen. Floris Neusüss hat im Jahr 2007 das komplette Archiv seiner Kamerafotografie mit über 700 Originalaufnahmen der Sammlung Fotografie überlassen. München war für Neusüss als Ort der künstlerischen Inspiration in mehrfacher Hinsicht prägend. Nicht zuletzt hat er hier an der Bayerischen Staatslehranstalt für Photographie das Handwerk des Fotografen erlernt - eine Ausbildung, die ihm als Basis für seine künstlerische Arbeit und seine spätere Lehrtätigkeit diente.

Die Ausstellung, mit der das Münchner Stadtmuseum das Neusüss-Archiv in einer repräsentativen Auswahl vorstellt, besteht aus vier thematischen Blöcken, die einen Zeitraum von 25 Jahren zwischen 1958 und 1983 umfassen: Traumbilder, Schaufenster, Porträts und konzeptuelle Fotoaktionen. Biografisch spannen die Arbeiten einen Bogen von Neusüss' Studienzeit bis zu den Anfängen seiner Lehrtätigkeit als Professor für Experimentelle Fotografie an der Kasseler Hochschule und den Aktivitäten im Kontext des Fotoforums.

Die Arbeiten der Serie der Traumbilder entstammen Neusüss' künstlerischer Frühzeit zwischen 1958 und 1965. Die alltägliche Umgebung seiner Studienorte München und Berlin, die Parks der Städte, die Gärten der Akademien, seine Wohnung in der Münchner Türkenstraße werden im Blick seiner Kamera zu rätselhaften Orten von entrückter Schönheit. Die Menschen, die diese Welt bevölkern, scheinen kaum mehr aus Fleisch und Blut, sondern tauchen wie Erscheinungen aus der dichten Vegetation der Parklandschaften auf. Neusüss experimentierte hier mit Belichtungs- und Negativmontagen und trieb der Fotografie so ihre Abbildhaftigkeit aus. In der Anmutung ganz im Geiste der Traumbilder entstand in den 1960er-Jahren außerdem eine beeindruckende Porträtserie der DADA-Künstlerin Hannah Höch.

Die Serie der Schaufensterbilder zeichnet sich durch eine skizzenhafte Ästhetik aus. Auf Neusüss' Reisen durch Europa in den 1960er- und 70er-Jahren mit der Handkamera fast wie im Vorbeigehen fotografiert, wirken die Bilder wie Notizen aus dem surrealistischen Alltag der Warenwelt.
Der Porträtzyklus „VIPs der documenta 5" mit 36 Bildnissen von Künstlern, Besuchern und Machern der documenta in Kassel 1972 markierte zugleich Neusüss' Aufbruch zu den Fotoaktionen der 1970er-Jahre. Ursprünglich waren die lebensgroßen ganzfigurigen Porträts in einer Kasseler Unterführung installiert, wurden dort aber bald nach der Eröffnung der documenta von einem übereifrigen Team der Stadtreinigung entfernt. Die Ausstellung zeigt erstmals seit 1972 alle 36 Arbeiten der Serie als Neuabzüge, darunter Porträts von Joseph Beuys, Arnulf Rainer, Bazon Brock, Edward Kienholz und Rebecca Horn.

In den bildanalytischen und performativen Fotoarbeiten der 1970-Jahre suchte Neusüss die theoretische wie praktische Auseinandersetzung mit den medialen Voraussetzungen der Fotografie. Sein besonderes Interesse galt der Relation von Objekt und fotografischem Abbild sowie den verschiedenen Realitätsebenen, die sich u.a. aus dem Verhältnis von Bild, Dokument, Reproduktion und historischem Ort ergeben. In Aktionen wie „Flugtraum" oder den „Körperauflösungen" wird das fotografische Abbild des Künstlers zum Spielball der Elemente; es wird dem Wogen der Gezeiten überlassen, wird ein Raub der Flammen oder mit einem Drachen in die Lüfte geschickt.

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog im Hatje Cantz Verlag mit Beiträgen von Fabian Knierim, Michael Krüger und Ulrich Pohlmann, erhältlich an der Museumskasse und im Museumsladen zum Preis von 29,80 €.

Traumbilder
Floris Neusüss, Maßstabsobjekt Anzahl - Reihe 1:1 bis 1:10, 1974/76
Traumbilder
Floris Neusüss, Selbstbildnis mit Fotogrammen, Atelier Uhlandstraße, Berlin 1962