Dunkelkammer
Die Wiederentdeckung der analogen Fotografie
Symposium:
Sat 3 Nov 10:00 - 18:00
Neue Schule für Fotografie
Brunnenstr. 188-190
10119 Berlin
Die digitale Fotografie hat sich seit geraumer Zeit durchgesetzt und ist für die professionelle Fotografie selbstverständlich geworden. Doch auch alltägliches Fotografieren mit der Kompaktkamera oder dem Smartphone basiert auf digitaler Verarbeitung. Das anfängliche Bedauern über den Verlust der analogen Fotografie hat sich längst verflüchtigt. Die Bildbearbeitung am Computer macht den Unterschied aus, so dass aus dieser Perspektive die angeblich „tot gesagte“ analoge Fotografie jetzt einen anderen Stellenwert bekommt. Frei im Umgang mit der Technik experimentieren Fotografen mit den Möglichkeiten fotografischer Darstellung. Hinzu kommen Experimente mit dem lichtempfindlichen Material in der Dunkelkammer, die an Praktiken der Fotogramme erinnern. Die Camera obscura kommt wieder zum Einsatz. Die traditionelle Fotografie hat ein großes Spektrum differenzierter Bildkonzepte realisiert, die mehr und mehr als Inbegriff des Fotografischen erkannt werden. Genau darin unterscheidet sich die digitale von der historischen Fotografie. Die Möglichkeiten digitaler Bildbearbeitung verlassen schnell das typisch Fotografische und letzteres scheint heute wieder von großem Interesse zu sein. Der Polaroidfilm und der alte Passbildautomat mit s/w Abzügen erfreuen sich einer Renaissance. Auf dem Symposium in der Neuen Schule für Fotografie werden wir diese Entwicklung näher betrachten. (Manfred Schmalriede)
PROGRAMM
10:00 Einführung Prof. Manfred Schmalriede
10:30 Alexander Gehring – Messages from the Darkroom
11:30 Susanna Kirschnick – gOlab Labor für analoge Farbfotografie
12:30 Mittagspause
13:30 Dr. Florian Kaps – IMPOSSIBLE. Das unmögliche Sofortbild
14:30 Asger Doenst – Der Photoautomat
15:30 Kaffeepause
16:00 Michael Wesely – Die Ordnung der Kamera
17:00 Claus Feldmann, Joachim Seinfeld, Michael Zirn – Die Wand als "Fotopapier"
18:00 Diskussion – Moderation: Manfred Schmalriede / Dr. Susanne Holschbach
Der Eintritt ist frei.
Um Anmeldung wird gebeten unter: communication@neue-schule-berlin.com
DIE VORTRÄGE
Alexander Gehring – Messages from the Darkroom
Alexander Gehring beschäftigte sich mit dem Spiritismus, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts durch die neuen Kommunikationstechnologien wie das Telefon seine Hochphase erreichte. Die doppelte Bedeutung des Wortes »Medium« bildete den Ausgangspunkt für seine Arbeit »Messages from the Darkroom«. Kann das technische Medium der Fotografie als Beweis für die Wahrhaftigkeit paranormaler Phänomene herangezogen werden? Sind Geister und Phantome überhaupt fotografierbar? Die Dunkelkammer wurde dabei zu seinem persönlichen Séanceraum.
Susanna Kirschnick – gOlab Labor für analoge Farbfotografie
Susanna Kirschnick betreibt seit 2000 ein analoges (Miet-)Farblabor in Berlin Kreuzberg. Analoge Ausstellungshandabzüge werden hier von Künstlern selber geprintet oder in Zusammenarbeit mit der FineArt Printerin Susanna Kirschnick erarbeitet. Sie vergrößert analog für angesehene Künstler und Museen des nationalen und internationalen Kunstmarktes. Ihr Fachwissen ist umfangreich: Angefangen von historischen Kali- und Cyanotypien, über Chromogenic (C-Type) Prints bis hin zum digitalen Print. Seit 2012 betreibt sie ausserdem mit Christine Fenzl das gOdigital Lab für Finest Digital Printproduktionen, mit dem Schwerpunkt Highend-Drumscans und Archival Pigment Prints.
Dr. Florian Kaps – IMPOSSIBLE. Das unmögliche Sofortbild
Das Polaroidbild für den Amateurmarkt war eigentlich schon ausgestorben, da weltweit kein Filmmaterial mehr für die traditionellen Polaroidkameras hergestellt wurde. Im Oktober 2008 kaufte das Unternehmen The Impossible Project die letzte Polaroid-Produktionsanlage für integrierten Instantfilm im niederländischen Enschede auf. Im gleichen Jahr begannen die idealistischen Retter die Produktion zu überarbeiten und völlig neue Instant-Filmmaterialien für traditionelle Polaroidkameras zu entwickeln. Der Traum, eine totgeglaubte Technik wiederzubeleben wurde Wirklichkeit: Der Sofortbildfilm für den Amateur ist heute online und in Polaroid-Läden weltweit wieder erhältlich.
Asger Doenst – Der Photoautomat
2003 haben Asger Doenst und Ole Kretschmann begonnen, die Tradition des klassischen Schwarz-Weiß-Photoautomaten wiederzubeleben. Der analoge Photoautomat hat nichts von seinem Charme verloren - trotz der digitalen Möglichkeiten von Handy und Smartphone, durch die heute fast jeder jederzeit ein Bild aufnehmen kann. Seit mehr als 100 Jahren ist der Photoautomat ein ganz besonderer Ort für Experimente mit Fotografie, ein Treffpunkt, Zeitvertreib, ein verborgener Platz hinter geschlossenen Vorhängen - die Kabine ist eine Schnittstelle zwischen Öffentlichkeit und Privatsphäre.
Michael Wesely – Die Ordnung der Kamera
Michael Wesely unterwandert seit den 1990er Jahren mit Hilfe von selbstgebauten Kameras und akribisch geplanten Experimenten die rasante Entwicklung der fotografischen Technik. Mit seinen extremen Langzeitbelichtungen zum Teil über Jahre hinweg hat Wesely einen eigenen Weg gefunden, Veränderung darzustellen. Der „Zwischenstand“, in dem das Motiv am längsten verweilt, hat den größten Anteil am Bild. So gelangen beeindruckende Studien der Entwicklung von Tulpen in einer Vase bis zum Verwelken oder vom Bau oder Abriss ganzer Gebäude. Es entsteht ein überzeitliches Bild der Realität, das „[...] die Zeit als Medium des Verschwindens sowie das Verschwinden der linearen Zeit selbst sichtbar macht.“ (Michael Wesely)
Claus Feldmann, Joachim Seinfeld, Michael Zirn - Die Wand als "Fotopapier"
Es muss nicht immer Papier sein. In der analogen Schwarz-Weiß-Fotografie sind bei der Wahl des Bildträgers fast keine Grenzen gesetzt. So ist es beispielsweise möglich, Bilder direkt auf einer Wand zu belichten und zu entwickeln. Dies bedeutet, dass der Raum, in dem das Bild präsentiert wird, zuerst in eine Dunkelkammer verwandelt wird, um danach als Ausstellungsraum zu dienen. Die gesamten chemischen Prozesse müssen natürlich in der Vertikalen ablaufen. Anhand der Produktion des Panoramas für den Schweizer Beitrag auf der Architekturbiennale 2012 in Venedig "And now the Ensemble!!!", zeigt das Trio, was mit Fotoemulsion auf der Wand möglich ist, welche Dimensionen erreicht werden können und auf welche Probleme man dabei stößt.