Tobias Trutwin »
halbfinal- set the controls to the heart of the son
Exhibition: 9 Nov 2012 – 5 Jan 2013
Fri 9 Nov 18:00
TZR Galerie Kai Br
Poststrasse 3
40217 D
TZR Galerie Kai Brückner
Poststrasse 3
40217 Düsseldorf
0211-9174489
info@tzrgalerie.de
www.tzrgalerie.de
Tue-Fri 14-19, Sat 12-16
halbfinal- set the controls to the heart of the son
Tobias Trutwin
09. November 2012 – 05. Januar 2013
Zur Eröffnung am Freitag, den 09. November 2012, 18 – 21 Uhr laden wir Sie und Ihre Freunde herzlich ein.
Es spricht Dr. Guido Schlimbach, Kunst-Station Stankt Peter, Köln
Tobias Trutwin studierte ab 1990 zunächst Kommunikationsdesign an der Uni Essen (ehemals Folkwangschule), dann später freie Kunst bei Astrid Klein an der HGB (Kunstakademie) Leipzig. Es war die Zeit, in der die digitale Welt unaufhaltsam Einzug in die Design- und Kunsthochschulen hielt, und so gab der Studienbeginner an der ehemaligen Folkwangschule den ersten Einführungskurs in digitale Bildbearbeitung. Gleichzeitig verlangte die neue Epoche mit den unterschiedlichsten Bildträgern zu experimentieren. Deshalb produzierte der heute in Berlin lebende Künstler zunächst einen Teil seiner digitalen Bilder als Leuchtkästen, um daraus ab 1998 vor der Wand ‚schwebende‘ Glasbilder, die bis heute eines der unverkennbaren Merkmale seiner Arbeit sind, zu entwickeln. Weitere Kennzeichen seines Schaffens ist die Bezugnahme zum biblischen Bilderverbot oder die digitale Verarbeitung bekannter Meisterwerke.
Für das neueste Ausstellungsprojekt mit dem Titel ‚halbfinal – set the controls to the heart of the son‘ in der TZR Galerie Kai Brückner nahm Tobias Trutwin, im Schatten zeitgenössischer Greueltaten biblischen Ausmasses, den ‚Bethlehemitischen Kindsmord‘ (Alte Pinakothek, München) von Peter Paul Rubens, als Ausgangspunkt, um bei seinen Streifzügen, durch und um den „umwerfenden Barock“, Aspekte wie Bewegung, Leben, Leid, Weltverständnis, unkonventionell zu beleuchten. Dabei wurde ihm dieses Rubensgemälde, in seiner harten Polarität von Opfer und Erlösung, welche sich im Angesicht himmelsschreiender Zustände und nicht zu beantwortendender Fragen nur noch auf ein Jenseits beziehen kann, in diesem Streben nach Erkenntnis zur Metapher des diesseitigen Lebens. Dieses Leben und das dafür zeugende Streben korrespondiert wunderbar mit dem Hauptstilmittel des Barock, der Dynamisierung, und der damit ausgelösten Bewegung, dessen virtuoser Meister natürlich Rubens ist.
Barock, Theodizee und binäre Codes verwiesen schnell auf Gottfried Wilhelm Leibniz, wobei hauptsächlich die umfangreiche Lehre über die Monaden als weitere Ausgangsbasis dem Gedankenmodell der Ausstellung diente. Dabei handelt es sich um kleinste Einheiten, die ursprünglich als Quell, Substanz der Zahlen, den Übergang des Unsagbaren und Unteilbaren zum Zählbaren und Messbaren bewirkten. Nach Leibniz befinden sich Monaden überall in der Materie, haben keine Fenster und erfassen mit Perzeption dunkel ihre Aussenwelt. Sie sind lebendige Spiegel des Universums. In höherer Ausprägung einer weitreichenden Hierachie wären Monaden metaphysische Punkte aus Geist oder Seele. Mit Hilfe von Appetition strebten auch Monaden von Perzeption zu Perzeption. In diesem Gedankenmodell spielt die Bewegung, von Aristoteles über die Scholastik kommend, genauso eine entscheidende Rolle, da sie den Hauptimpuls beim der Entstehung von der Materie und dem Leben gäbe.
Auch in die Zeit der Ausstellungsvorbereitung fiel zufällig, mit, an barockes Triumphgebaren erinnerndes weltweites Feiern, der wahrscheinlichen Entdeckung, des, umgangsprachlich Gottestteilchen genannten, Higgs-Boson. Eine Parallele, die Trutwins Vorstellung von Zeit als (barockem, oder zumindest surfbarem) Achsensystem, und vor allem seiner Beschäftigung mit Gottesbildern sehr entgegen kam. Das Higgs-Boson ist das letzte fehlende Teilchen, um die Richtigkeit des, in der zeitgenössischen Teilchenphysik vorherrschende Welterklärungsmodell, des Standardmodells, empirisch nachzuweisen. Nach ihm wurde über 40 Jahre mit sehr hohem Aufwand (Large Hadron Collider, CERN, Genf) gefahndet. Erhöhte sich die Wahrscheinlichkeitsstufe der statistischen Nachweise/Beobachtungen, von 5,9 auf 6,0 Sigma, wovon nun die meisten Forscher ausgehen, dann wäre dies die wichtigste Entdeckung der Physik seit vielen Jahrzehnten. Dabei bewirkt das, populäre Gottesteilchen, indem es einen gewissen Prozentsatz, der sich mit Lichgeschwindigkeit bewegenden Teilchen, im universellen und ubiquitären Higgs-Feld abbremst, die Entstehung der uns bekannten Art von Materie.
In dieses Diesseits bewegt sich der Betrachter der Ausstellung.
Wir danken der Collection Lingenauber (Monaco) für die freundliche Unterstützung.