Karl Hubbuch und das Neue Sehen
Die Karlsruher Kunstakademie und die Fotografie um 1930
Exhibition: 9 Mar – 9 Jun 2013
Fri 8 Mar
Städtische Galerie Karlsruhe
Lorenzstr. 27
76135 Karlsruhe
Städtische Galerie Karlsruhe
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76135 Karlsruhe
+49 (0)721-133-4401
staedtische-galerie@karlsruhe.de
www.staedtische-galerie.de
Wed-Fri 10-18, Sat/Sun 11-18
Karl Hubbuch und das Neue Sehen
Die Karlsruher Kunstakademie und die Fotografie um 1930
Ausstellung: 9. März – 9. Juni 2013
Wie kein anderer Künstler seiner Zeit hat Karl Hubbuch, 1891 in Karlsruhe geboren, den Ruf seiner Heimatstadt als bedeutendes Kunstzentrum geprägt und weit über die Grenzen hinausgetragen. Neben George Grosz und Otto Dix zählt er zu den herausragenden Vertretern des Verismus und der Neuen Sachlichkeit in Deutschland. Diese Künstler hatten sich – desillusioniert von den Erfahrungen des Ersten Weltkriegs und aufmerksam gegenüber den politischen und gesellschaftlichen Wandlungen der Weimarer Republik – einer gegenstandsbezogenen, genau beobachtenden Bildsprache zugewandt. Hubbuchs kritischer Realismus wurde in Deutschland vor allem durch seine Teilnahme an der epochalen Ausstellung "Neue Sachlichkeit" in der Mannheimer Kunsthalle 1925 und durch sein Lehramt an der Karlsruher Kunstakademie, damals Badische Landeskunstschule genannt, berühmt. Gemälde und Zeichnungen von seiner Hand sind in zahlreichen renommierten Museen und Privatsammlungen vertreten. Dass Hubbuch sich in den Jahren zwischen 1925 und 1935 auch intensiv mit dem Medium der Fotografie auseinandersetzte, ist bislang jedoch kaum bekannt.
Dieser noch unentdeckte und faszinierende Werkkomplex bildet nun das Zentrum einer umfassenden Ausstellung mit mehr als 250 Exponaten. Hubbuchs Aufnahmen zeichnen sich durch Spontaneität und Experimentierfreude aus; wie in seinem grafischen und malerischen Schaffen steht auch in den Fotografien stets der Mensch im Mittelpunkt seines Interesses. Besondere Schwerpunkte bilden unspektakuläre Alltagsszenen in den Straßen von Paris, Trier und Karlsruhe sowie Momentaufnahmen von Kollegen und Studierenden, die einen Blick hinter die Kulissen des Karlsruher Akademielebens erlauben. Herausragend sind auch die fotografischen Porträtfolgen, die Hubbuch von seinen Modellen Martha und Marianne schuf, oder die geradezu slapstickartig inszenierten Doppelbildnisse, die ihn zusammen mit seiner Frau Hilde zeigen. Außerdem werden einige der Fotosequenzen ausgewählten Zeichnungen und Aquarellen des Künstlers gegenübergestellt, um auf diese Weise stilistische Korrespondenzen, Wechselwirkungen und Variationen zwischen den Medien anschaulich zu machen – ein Vergleich, der einen ganz neuen Blick auf die Kunst Hubbuchs ermöglicht.
Aber nicht nur in dieser Hinsicht lädt die Ausstellung dazu ein, ein bisher wenig beachtetes, überaus spannendes Kapitel der Karlsruher Kunstgeschichte zu entdecken. Sie bietet auch Gelegenheit zur Begegnung mit dem fotografischen Werk einiger Weggefährten Hubbuchs aus dem Umfeld der Badischen Landeskunstschule. Gezeigt werden Aufnahmen von Wilhelm Schnarrenberger aus den Metropolen Paris und Berlin, die den geschulten Blick des Werbegrafikers verraten, außerdem Fotografien von Liselotte Billigheimer (später Grschebina), die zwei Semester lang die neu eingerichtete fotografische Abteilung an der Karlsruher Kunstakademie leitete. Von der 1934 nach Palästina ausgewanderten Fotografin gingen offensichtlich anregende Impulse aus: Die Akademiestudentinnen Ellen Rosenberg (spätere Auerbach) und Hilde Isay (spätere Hubbuch) wandten sich im Laufe ihrer Ausbildung mehr und mehr der Fotografie zu und machten diese zu ihrem Beruf. Das Spektrum der Karlsruher Künstler wird vervollständigt durch Erwin Spuler und Anton Weber, die in den frühen 1930er Jahren zum engeren Kreis Hubbuchs zählten. Beide hatten an der Badischen Landeskunstschule studiert und gegen Ende ihrer Studienzeit begonnen, sich mit der Fotografie und den künstlerischen Tendenzen des Neuen Sehens auseinanderzusetzen.
In einer eigenen kleinen Abteilung wird der fotohistorische Kontext der vorwiegend deutschen Fotografen der Zeit vor und um 1930 mit jeweils einem prägnanten Beispiel von August Sander, Lisette Model, Herbert List, Alfred Eisenstaedt und vielen anderen vorgestellt.
Der Ausstellungsteil, der Karl Hubbuch als Fotografen vorstellt, wurde vom Münchner Stadtmuseum sowohl konzipiert als auch organisiert und war dort von Oktober 2011 bis März 2012 zu sehen. Für die Ausstellung in der Städtischen Galerie Karlsruhe wurde die Präsentation um die Exponate der Künstler und Künstlerinnen aus dem Umfeld der Karlsruher Akademie erweitert.
Zur Ausstellung ist der Katalog "Karl Hubbuch und das Neue Sehen" mit zahlreichen Abbildungen und Beiträgen von Sylvia Bieber, Karin Koschkar, Ulrich Pohlmann und Rudolf Scheutle im Verlag Schirmer/Mosel erschienen. Er kostet an der Museumskasse 38 Euro.
Biografie Karl Hubbuch
1891 in Karlsruhe geboren. 1908–1912 Studium an der Karlsruher Kunstakademie bei Walter Georgi. 1912–1914 Studium an der Lehranstalt des Kunstgewerbemuseums Berlin in der Grafikklasse von Emil Orlik. 1914–1918 Kriegsdienst und schwere Erkrankung. 1918–1920 Aufenthalt und Rekonvaleszenz bei den Eltern in Neuenbürg bei Bruchsal. 1920 Wiederaufnahme des Studiums an der Karlsruher Kunstakademie als Meisterschüler von Walter Conz. 1922 und 1924 Aufenthalte in Berlin. 1924 Assistent von Ernst Würtenberger an der Karlsruher Akademie. 1925 Berufung zum Leiter einer Zeichen-klasse. 1926 erste Reise nach Frankreich (Paris und Nordfrankreich). 1928 Heirat mit Hilde Isay aus Trier; Ernennung zum Professor und Leiter einer Malklasse an der Karlsruher Kunstakademie. 1933 Entlassung und Berufsverbot. 1940 Heirat mit Ellen Heid. 1947–1957 Professur für Malerei an der Karlsruher Kunstakademie. 1979 in Karlsruhe gestorben.