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Samuel Henne »untitled #05«, aus »relief folds«, 2011
80 x 60 cm, Fine Art Print in Betonrahmen

Samuel Henne »

Exhibition: 15 Nov 2013 – 18 Jan 2014

Fri 15 Nov 18:00 - 22:00

Galerie Jette Rudolph

Strausberger Platz 4
10243 Berlin

Feldbusch Wiesner Rudolph

Jägerstr. 5
10117 Berlin

+49 (0)30-69504142


www.feldbuschwiesnerrudolph.de

Thu+Fri 12-18, Sat 11-16

Samuel Henne: »untitled (narcissus juxtaposed)« aus »constellation«, 2013
je 42 x 32 cm, Fine Art Print

Samuel Henne

Ausstellung: 15. November 2013 bis 18. Januar 2014
Eröffnung: 15. November, 18-22 Uhr

„Was in die Erscheinung tritt, muß sich trennen, um nur zu erscheinen.“
(Johann Wolfgang von Goethe)

In seiner ersten Einzelausstellung in der Galerie Jette Rudolph entfaltet der Künstler Samuel Henne (*1982 in Göttingen; lebt & arbeitet in Hannover) seinen künstlerischen Dialog zwischen Fotografie und Skulptur. In der Zwischensphäre von Fläche und Raum experimentiert der Künstler verstärkt mit fotografischen Abbildungsmechanismen in sich überlagernden Erfahrungsdimensionen von Realität und Illusion.

Historisch lässt sich zwischen dem Medium Fotografie und der Gattung Skulptur eine enge und dauerhafte Beziehung ausmachen. In dokumentarischen Diensten und zugleich vor allem als mobileres Medium trat die Fotografie vermittelnd für die Skulptur ein. Mittels Ausschnitt, Perspektive und Licht wurde Skulptur nicht bloß interpretiert, sondern bisweilen neu erfunden. Aus dieser Dependenz befreit, überführt Samuel Henne die beiden Gattungen in ein diskursives Wechselspiel. In den stets mehrschichtigen Bildkonzeptionen attestiert Henne dem fotografischen Abbild den Widerspruch zur Lebenswirklichkeit, indem er die Motive offenkundig inszeniert und sie fotografisch arrangiert: kleine, aus vertrauten (Alltags-)Materialien erstellte Plastiken, abstrakte Mobiles oder gefaltete Oberfläche.

Die präzise gefalteten halbtransparenten Pergamentpapiere der relief folds erzeugen vor farblich zurückgenommenem Hintergrund platziert den Eindruck einer gegenständlichen Oberflächenstruktur. Die mittels eines Scanners reproduzierten Arbeiten evozieren durch die feinen Schattierungen der Flächen eine geradezu haptische Qualität. Gleichzeitig jedoch – durch die monochrome Farbigkeit und die abstrakte geometrische Strenge, welche die Motive in ihrer Flächigkeit verhaften lässt – wird eine inhärente Widersprüchlichkeit hervorgerufen.

Roland Barthes hat darauf hingewiesen, dass auf der Grundlage von Ähnlichkeit eben jene konstruiert und selektiert wiedergegebenen Gegenstände die Welt zwar nicht kopieren jedoch vielmehr zugänglich machen können. Dementsprechend stellen Hennes flüchtige Objekte, welche nur für den Moment des fotografischen Aufnahmeprozesses existent sind, den realiten Dokumentationsanspruch des Mediums in Frage und untermauern ihre essenzielle Form als Simulacren. 

Samuel Henne: »untitled (b/g/4)«, aus »monument«, 2011
56 x 42 cm, Fine Art Print

Mit der Arbeit fragment suite setzt Henne einzelne Materialfragmente ins Bild, analytisch arrangierte Bruchstücke von Mauerwerk, deren undefinierte Funktion und Herkunft er in spannungsvolle Referenz zu archäologischen Fundstücken setzt: Der vergrößerte Nachdruck einer historischen Schwarz-Weiß-Fotografie (entstanden in Rom um 1875) umfängt die inszenierten Mauerstücke. Auf der sich über dreieinhalb Meter erstreckenden und direkt auf der Wand aufgebrachten Fotografiereproduktion zeigt sich eine Ansammlung antiker Torsi und Büsten – beschädigt und von der Zeit gezeichnet. Was wirkt wie eine Bestandsaufnahme skulpturaler Funde, verweist in diesem Zusammenhang auf die Prozesse des Inszenierens und Arrangierens.

Die mythischen Schilderungen über Pygmalion, den zypriotischen Bildhauers, dessen weibliche Plastik durch göttliches Zutun zum Leben erweckt wird, dient Henne als beispielhafte Referenz seiner neuesten Werkserien. Während sich im antiken Künstlermythos‘ die bemerkenswert wesenhafte Transgression durch die Lebendigkeit der geliebten Skulptur manifestiert, heben die Arbeiten Hennes die Grenze zwischen Bildwelt und Betrachterwelt auf, indem ihre Versatzstücke und Materialanleihen ihr trügerisches Sein in den tatsächlichen Raum ausweiten und beginnen diesen zu bestimmen. Auf die kunsthistorisch tradierte Atelierszenerie verweisend, in welcher Pygmalion in inniger Umarmung mit Galatea versinkt, ist einzig ein Bildhauermöbel transgredient. Jene Treppe, welche im ursprünglichen Motiv potenziell dem Emporsteigen des Bildhauers auf das Podest seiner Skulptur dienen könnte, taucht im Henne’schen Kontext als mehrfach reproduziertes Objekt im Ausstellungsraum selbst auf, seiner Funktion entledigt.

Mit dem Verweis auf den kunsthistorisch vielfach behandelten Künstlermythos eröffnen die Arbeiten einen Moment struktureller Durchlässigkeit von Gattungsgrenzen. Verstärkt thematisiert der Künstler die Wahrnehmung von Raum und Objekt, jenen Größen, welche in Relation zum Betrachter die entscheidenden Erkenntnismechanismen prägen. Denn „Bild soll nicht sein, Realität soll sein, genauer: das Bild soll Realität werden.“ -Maurice Merleau-Ponty-

In diesem Spannungsfeld zwischen konstruierter und faktischer Räumlichkeit irritieren die Arbeiten des Künstlers und bringen herkömmliche Erfahrungswelten ins Wanken: Zu offenkundig inszeniert um „[...] schließlich in Funktion der von ihm geschaffenen Bilder zu leben [...]“ (Villem Flusser) und doch gerade wirklich genug um vergessen zu lassen, dass es eben jene vom Menschen erzeugten Bilder sind, welche zur Orientierung in der Welt dienen. Im Verbund zwischen dem Verweis auf kunsthistorische Skulpturtraditionen und der materiellen, dreidimensionalen Manifestation erscheinen die Fotografien wie „Durchgangsort(e), welche uns bei der Darbietung von Sichtbarem (verweilen lassen)“ -Bernhard Waldenfels-

Samuel Henne: »untitled (downstream)«, aus »alignments«, 2013
100 x 70 cm, Fine Art Print