"BY NOW"
Zeitgenössische Fotografie aus Belarus

Ausstellung: 3. Oktober 2014 bis 18. Januar 2015
Eröffnung: Donnerstag, 2. Oktober, 19 Uhr

Im Rahmen des 6. Monats der Fotografie.

Belarus, Terra incognita? Außenpolitisch und ökonomisch ist Belarus seit den 1990er Jahren weitgehend isoliert, innenpolitisch vom autokratischen Regierungsstil Alexander Lukaschenkos geprägt. Doch eine junge Kunstszene kommentiert mit frischem Blick, Humor und teilweise aufmüpfiger Dreistigkeit visuell den Zustand ihres Landes. Die von Matthias Harder kuratierte Ausstellung "BY NOW – Zeitgenössische Fotografie aus Belarus" in der ifa-Galerie Berlin zeichnet ein vielschichtiges fotografisches Bild des Belarus der Gegenwart zwischen klassischem Schwarz-Weiß-Porträt und experimenteller Bildbearbeitung.

Eugene Kanaplev-Leydik beispielsweise porträtierte die Mitglieder der in Weißrussland populären Frauenband "Topless" in sonderbaren Posen; die Aufnahmen werden zu hintergründig-zeitlosen Symbolbildern. Aleksei Shinkarenko erschafft mit seiner Polaroid-Serie ein subtil-surreales Lebensporträt der weißrussischen Bevölkerung. Wir datieren die Bilder in eine andere, frühere Zeit, tatsächlich sind sie hochaktuell. Alexander Veledzimovich hingegen wählt einen radikal subjektiven Ansatz, eine Introspektion: In seinem "Space Project" zeigt er vermeintlich banale Details in Wohnungen, die sich zwischen Realität und Abstraktion bewegen und in denen Erinnerungen und Geschichten kondensiert zu sein scheinen, die jedoch nur zu ahnen, nicht mehr zu lesen sind. In der zeitgenössischen weißrussischen Photographie begegnen uns also die Beschäftigung mit dem menschlichen Alltag, mit dem diffusen Begriff von Heimat und nationaler Geschichte, insbesondere mit der (kollektiv verordneten) Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg, dabei zwischen sozialdokumentarischem und konzeptionellem Ansatz variierend. Ein herrschender Trend oder gar ein Kanon ist in der zeitgenössischen weißrussischen Photoszene kaum auszumachen, stattdessen ein spannendes, heterogenes Gemisch einer jungen Generation auf dem Sprung, die Zeitgeschichte visualisiert und ein differenziertes Gesellschaftsporträt zeichnet. (Text: Matthias Harder)

Die ifa-Galerie Berlin zeigte bereits 1994 in der Ausstellung "Fotografie aus Minsk" künstlerische Positionen aus der belarussischen Hauptstadt. 20 Jahre später wird sichtbar, dass sich dort trotz der politischen Isolation eine neue, junge Fotoszene entwickelt hat, die kreativ mit ihrer Alltagssituation umgeht und sich weltweit vernetzt.

Es erscheint eine Publikation im Kehrer-Verlag, die während der Ausstellung für 16 € in der ifa-Galerie Berlin erhältlich ist.

Begleit-Veranstaltungen

Freitag, 17. Oktober 2014, 15 Uhr
"Dangerous Acts Starring the Unstable Elements of Belarus"
Dokumentarfilm von Madeleine Sackler, BY/USA/GB 2013, 76’, OF mit engl. UT
Einführung durch Peter Mares, ifa-Förderprogramm zivik (Zivile Konfliktbearbeitung)

Freie Theaterarbeit hat in autoritär regierten Staaten kaum Entfaltungsspielraum und ist mit persönlichen Risiken verbunden. In ihrem Film begleitet Madeleine Sackler die Künstlergruppe "Belarus Free Theatre" über den Zeitraum eines Jahres im Nachgang zu den Präsidentschaftswahlen 2010.

Freitag, 17. Oktober 2014, 17 Uhr
Führung durch die Ausstellung
mit Dr. Matthias Harder und Andrei Liankevich

Die Veranstaltungen finden im Rahmen des Kulturtages der europäischen Kulturinstitute in Berlin „EUNIC Berlin – Bunt gemischt“ statt.