Lothar Wolleh »
Das Konzil 1962-1965
Exhibition: 27 Mar – 15 May 2014
Roncalli-Haus
Max-Josef-Metzger-Str. 12/13
39104 Magdeburg
0391-596 1400
Mon-Fri 8-19, Sat/Sun 8-16
Lothar Wolleh
"Das Konzil 1962-1965"
Ausstellung: 27. März bis 15. Mai 2014
Lothar Wolleh stand ganz am Anfang seiner künstlerischen Karriere, als er sich 1962 auf den Weg nach Rom begab, um dort den Auftakt des II. Vatikanischen Konzils mit seiner Kamera zu begleiten, um die Zelebration, die Feierlichkeiten, den Pomp der Liturgie, die Mächtigkeit der katholischen Kirche ebenso wie die individuellen Gesichter und die kleinen, eher anekdotischen Szenen am Rande des großen Geschehens zu dokumentieren. […] Wolleh hatte gerade erst in der Zeit von 1959 bis 1961 bei Otto Steinert an der Folkwangschule für Gestaltung in Essen seine fotografische Ausbildung vollendet und stand im Begriff, in Düsseldorf, wo er sich 1962 niederließ, um freischaffend zu arbeiten, zu einem der gefragtesten Werbefotografen zu werden.
Das II. Vatikanische Konzil erscheint dabei zunächst wie eine unglaubliche Zäsur, wie eine Orientierung in einen völlig fremden Kontext, der mit dem ‚normalen‘ Leben nichts zu tun zu haben scheint. […] Ohne eine grundlegende Faszination, wenn nicht sogar auch eine tiefe Überzeugung, ist diese einschneidende Erfahrung, diese Zäsur zwischen der Steinert’schen Lehre an der Folkwangschule in Essen und dem freien, erfolgreichen Werbefotografen nicht erklärbar. Inwieweit vielleicht sogar die furchtbaren Erlebnisse im Gulag in Sibirien dafür mit verantwortlich waren – als an sich ausweglose Situation, in der wohl nur die Erfahrung von Glauben das Überleben ermöglicht -, bleibt vermutlich im spekulativen Raum des Biographischen stecken.
Noch vor seiner Aufnahme an die Essener Folkwangschule konnte Wolleh, im Rahmen eines Erholungsprogramms des Weltkirchenrates für kriegsgeschädigte Jugendliche, nach Gotland in Schweden gehen, um dort für ein Jahr in der Ruhe der Landschaft Kraft und Selbstbesinnung zu gewinnen. Dies hatte er seiner Arbeit in der Gefangenenunterstützung im Weltkirchenrat zu verdanken: Kirche und Glaube als Erfahrungshorizont von innerer Stabilität und Rettung? […] Dennoch zeugen die üppigen Fotografien vom II. Vatikanischen Konzil – mit lateinischer Inschrift und an Folianten erinnerndem Format – sehr von einer formalen Akzeptanz und Nähe zu den Inhalten der katholischen Kirche und ihrer Lehre. (Beate Reifenscheid: Kirche, Kardinäle und das II. Vatikanische Konzil. Der Beobachter Lothar Wolleh. Im Katalog „Lothar Wolleh: Eine Wiederentdeckung. Fotografien 1959-1979“, hg. v. Wulf Herzogenrath u. Burkhard Leismann, 2007, S. 30-33, hier: S. 31)
Das Magdeburger Roncalli-Haus zeigt 25 Aufnahmen dieser Serie.
Lothar Wolleh (geb. 1930 in Berlin, gest. 1979 in London) studierte von 1946 bis 1948 Malerei an der Hochschule für angewandte Kunst in Berlin-Weißensee. 1950 wurde er wegen angeblicher Spionage durch die sowjetische Besatzungsmacht verhaftet und bis 1956 im Straflager Workuta in der UdSSR inhaftiert. 1956 kam er frei und kehrte nach Berlin zurück. Nach einer Ausbildung beim Lette-Verein, einer Berufsfachschule für Fotografie, Grafik und Mode, studierte er von 1959 bis 1961 an der Folkwangschule in Essen. Zu seinen Lehrern gehörte der Fotograf Otto Steinert. Nach dem Studium war Wolleh als Fotograf tätig, zunächst überwiegend im Bereich der Werbung, später in der Kunst.